Hier kommen die Antworten auf die Fragen der WDR Hörerinnen der FRAG DICH FIT Podcast Episode “Wechseljahre – was ist normal?” vom WDR2 mit Doc Esser vom 08.07.2022.

Weil die Gynäkologin Dr. Christina Enzmann und ich mit den Antworten von Doc Esser so unzufrieden waren, hat Dr. Enzmann entsprechende Antworten aufgenommen bzw. aufgeschrieben.

 

Wichtig: alle hier gemachten Angaben dienen der Verbesserung der Kommunikation zwischen dir und deiner Gynäkologin oder deinem Gynäkologen. Sie ersetzen in keinem Fall das Gespräch mit deiner Ärztin oder deinem Arzt.

1. Was ist denn so das klassische Alter, mit dem die Wechseljahre starten?

2. Und wie lange halten die dann an?

3. Sind Wechseljahre die Ursache für meine Stimmungsschwankungen, Gereiztheit und Ungeduld oder bin ich einfach so?

4. Wie stellen wir denn sicher, ob das, was wir gerade erleben und durchleben, wirklich die Wechseljahre sind?

5. Und zwar möchte ich allgemein gerne wissen, ob es Vorboten gibt, also gibt es Dinge, die darauf hindeuten, dass bald die Wechseljahre anstehen.

6. Was passiert denn bei den Wechseljahren in unserem Körper genau? Klar, die Hormone stellen sich um. Aber was bedeutet das? Wieso haben dadurch so viele Frauen diese vielen Beschwerden?

Das ist eine sehr gute Frage und leider habe ich nur eine sehr komplexe Antwort. Die sogenannten Wechseljahre oder Perimenopause ist eine Zeit des reproduktiven Alterns, d.h. die Hormonfunktionen, die die Produktion eines befruchtbaren Eies jeden Monat ermöglichen, werden langsam eingestellt. Leider funktioniert diese Funktionseinstellung nicht immer im Sinne, dass einfach langsam alles weniger wird, sondern es kommt zu einer generellen Dysregulierung oder auch Chaos der normalerweise sehr gut eingestellten Hormonzyklen. Da die meistens unserer Organe Rezeptoren für Sexualhormone haben, werden nun leider auch viele andere Organsysteme in diesen Prozess mit hineingezogen und daher kann es zu einer Anzahl von oft unerwarteten Symptomen kommen.

Eines der wichtigsten Organe das von Sexualhormonen beeinflusst ist, ist unser Gehirn. Einen wichtigen Einfluss haben in diesem Zusammenhang Östrogen und Progesteron auf die Abbaugeschwindigkeit von Neurotransmittern. 


Das Thema ist sehr komplex und sehr faszinierend und ich werde darauf gleich noch etwas mehr eingehen , aber ich möchte erst noch einmal etwas weiter ausholen:

 

Als erstes muss man verstehen, dass im Hormonzyklus einer Frau im reproduktiven Alter der Hypothalamus (eine Zone im Gehirn), die Hypophyse und die Eierstöcke eng zusammenarbeiten, und sie sind verbunden mit einer sogenannten negativen Feedbackschleife. D.h. wenn z.B. das Endprodukt, die Östrogene, zu niedrig sind, dann fängt der Hypothalamus an, ein Hormon auszuschütten, dass die Eierstöcke wieder zur Produktion antreiben soll. Und dieses Hormone ist das FSH, oder Follikel stimulierendes Hormon. In den Eierstöcken wird das Östrogen von den Eizellen hergestellt. Diese konkurrieren jetzt aber auch miteinander, denn jede Eizelle möchte ja die erste sein, die die Chance hat, zum Eisprung zu kommen und möglicherweise Nachkommen zu erzeugen. Deshalb senden diese Eizellen nun einen Botenstoff aus, der die Mitstreiterinnen – trotz des FSHs – unterdrückt.  Das hat zur Folge, dass normalerweise immer nur eine Eizelle das Rennen zum Eisprung schafft. Wenn nun aber über die Jahre die Anzahl der Eizellen immer weniger wird, dann gibt es am Ende des produktiven Alters der Frauen weniger Botenstoffe, die die letzten Mitstreiterinnen sozusagen unterdrücken. Und was jetzt passiert, ist, dass jetzt plötzlich mehrere Follikel es schaffen vom Hormon FSH zum Wachstum stimuliert zu werden. D.h. es kann häufiger zum Doppeleisprung kommen, heißt zwei Eier werden auf einmal freigelassen, oder es kommt sehr kurz nach dem ersten Eisprung noch zu einem zweiten Eisprung. Das wird wissenschaftlich auch “out of phase ovulation” genannt. Deswegen kommt es bei älteren Frauen statistisch öfter zu Zwillingsschwangerschaften.


Wenn man aber nicht schwanger wird, produzieren die extra aktivierten Follikel auch extra Östrogen und dann kommt es zu den typischen Symptomen wie Wassereinlagerungen, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen und Brustschmerzen und lange und starke Regelblutungen. Und gleichzeitig wird dieses zusätzliche Östrogen nicht mehr durch ausreichend Progesteron ausgeglichen, weil es auch nicht mehr regelmäßig zum Eisprung kommt. Das heißt: diese Frauen haben viele aktivierte Follikel, die viel überschüssiges  Östrogen produzieren, es aber nicht zum Eisprung schaffen und gleichzeitig haben sie immer seltener ausreichend Progesteron, weil das nur ausgeschüttet wird, wenn es zum Eisprung kommt. Das perfekte hormonelle Chaos also. Und so können sich dann auch die Regelblutungen und Stimmungsschwankungen in der Perimenopause anfühlen.


Und jetzt möchte ich von hier zum Thema Schlafstörungen überleiten, weil das eng damit verknüpft ist: 

Ich  hatte ja weiter oben den Effekt der Sexualhormone auf die Neurotransmitter erwähnt und jetzt ist es Zeit, das weiter zu erklären. Es gibt sehr viele verschiedene Wege durch die die Deregulation der Sexualhormone unser Gehirn beeinflusst und ich werde hier nur ein paar wenige erklären: z.B.

Östrogen hemmt den Abbau aktivierender Neurotransmitter und Progesteron beschleunigt diesen Vorgang. Ein aktivierender Neurotransmitter ist zum Beispiel Adrenalin oder Noradrenalin oder auch Dopamin. Wenn wir zum Beispiel gestresst sind durch psychologischen  oder körperlichen Stress, sind diese Hormone erhöht. Unser Körper versucht die natürlich immer schnell wieder abzubauen, damit wir auch wieder zur Ruhe kommen können. Aber das oft relative erhöhte Östrogen der Perimenopause  stört diesen Abbau. Und Frauen können dann nachts plötzlich nicht mehr zur Ruhe kommen. Progesteron kann dem entgegenwirken und deswegen gebe ich zum Beispiel oft in der Perimenopause bioidentisches Progesteron (Anmerkung: in Deutschland wäre das beispielsweise Famenita).

Ein anderes Beispiel ist das Serotonin. Es wird es als das Wohlfühlhormon bezeichnet. Es gibt zum Beispiel Antidepressiva, die erhöhen den Spiegel des Serotonins. Allerdings ist mehr nicht immer besser, auch Serotonin hat ein optimales Niveau. Und interessanterweise ist Serotonin die Vorstufe zum Melatonin, das heißt wenn wir genug Serotonin haben, dann können wir in der Regel auch gut schlafen. Wenn jetzt die Östrogenspiegel langsam abfallen, kann es zu Gemütsstörungen, Reizbarkeit sowie ständige Lust auf Süßes kommen. Letzteres erhöht kurzfristig den Serotoninspiegel. Und Frauen können außerdem nicht mehr gut schlafen oder wachen in der Mitte der Nacht auf, weil die zyklische Produktion und Ausschüttung des Melatonins zum richtigen Zeitpunkt wichtig ist, für den Nachtschlaf. Und das fehlt bei den betroffenen Frauen.  

Das war jetzt aber erst der Anfang …bitte nicht erschrecken. Ich möchte jetzt doch noch einmal etwas ins Detail gehen, denn Frauen sind lange genug mit kurzen Antworten in Bezug auf die Wechseljahre abgespeist worden. Und ich weiß, dass es da draußen Millionen Frauen gibt, die es endlich mal genau wissen wollen. 


Also ich habe ja vorhin schon gesagt, dass im generellen Östrogen eine hemmende Funktion auf den Abbau der Neurotransmitter hat. Deshalb kann es in Zeiten von aus der Balance geratenen Östrogenspiegeln mehr zur Unruhe, Gereiztheit und Schlaflosigkeit kommen. Warum haben denn dann nicht alle Frauen die gleichen Probleme in der Perimenopause? 


Weil die Funktionsweise der verantwortlichen Gene bei den Frauen variieren können. Und das führt dazu, dass wir alle unterschiedliche Mengen an Neurotransmittern im Umlauf haben. Es gibt gewiss ein optimales Niveau von Neurotransmittern , aber das wir epigenetisch beeinflusst. Ups, jetzt habe ich es gesagt, eine großes Wort, EPIGENETIK! Das heißt die Art und Weise, wie wir unser Leben gelebt haben, unsere Ernährung, unser Stress, Umweltgifte , Bewegung, Entzündungen, Übergewicht, Blutzuckerprobleme … all das beeinflusst, wie gut unsere Gene, die z.B  für die Entgiftung oder den Abbau von Neurotransmittern zuständig sind, funktionieren.


Bevor ich jetzt zu begeistert mit der Epigentik weitermache und hier alle aufhören zu lesen, gehe ich jetzt nochmal zu unseren Beispielen zurück. 


Das heißt für eine Frau, die schon vor der Perimenoapuse unter Angstzuständen gelitten hat, weil sie aus anderen Gründen ein Zuviel an  Neurotransmittern hatte, wird es möglicherweise alles noch einmal schlimmer in der Perimenopause, wo es viel zusätzliches Östrogen gibt, welches den Abbau hemmt.


Aber wenn die Östrogenspiegel erst einmal abfallen – spätesten in der Postmenopause – wird womöglich alles besser als sogar vor der Menopause. Diese Frauen vertragen manchmal eine Hormonersatztherapie anfänglich nicht gut, es hilft mit den Hitzewallungen, ruft aber möglicherweise auch wieder Angstzustände oder Unruhe hervor.

  

Auf der extremen anderen Seite dieser beiden Beispiele sind Frauen, die immer ein eher niedriges Niveau an Neurotamittern hatten, also schon lange mit Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder vielleicht unter Symptomen wie ADD or ADHD litten. Diese Frauen merken die Perimenopause mit den erhöhten Östrogenspiegeln gar nicht, fühlen sich eigentlich ganz gut. Aber wenn es dann in die Postmenopause geht, werden sie plötzlich sehr symptomatisch, fühlen sich wie mit Nebel im Kopf, können sich nicht konzentrieren, vielleicht auch nicht schlafen. All dies, weil jetzt alles Östrogene weggefallen sind, die vorher z.B den Serotoninspiegel oder den Dopaminspiegel noch ein bisschen angehoben hatten. Diese Frauen fühlen sich oft rundum wohl mit einer Hormonersatztherapie. 


Ist das nicht faszinierend?  Ich habe hier zwei Extrembeispiele gezeigt, die es in der Tat genauso gibt, die meisten von uns fallen aber wahrscheinlich irgendwo dazwischen, denn hier kommt die Epigenetik wieder ins Spiel. Wir tragen alle unseren Lebensballast mit uns: emotional, gesundheitlich, Lebensstil etc., und die Summe dessen beeinflusst die Funktion unserer Gene wahrscheinlich viel mehr als alle Hormonspiegel. Deshalb gibt es auch die Frauen, die das alles gar nicht stört und die die Menopause – dieses Datum der letzten Periode – doch glatt verpassen…


Die wichtigste Nachricht aus der Epigenetik ist allerdings, dass wir in jedem Moment unseres Lebens, sogar dann, wenn uns Wechseljahre Symptome voll treffen, die Epigenetik beeinflussen und damit die optimale Funktion unserer Gene beeinflussen können. Und die wichtigsten Säulen dieser Ansätze sind Ernährung, Bewegung, Schlaf, Lebensaussicht und Stressreduktion. In Bezug auf die Ernährung gibt es leider viel Falschinformationen, dabei gibt aber auch viele gute Studien mittlerweile. Und es hat sich gezeigt dass in der Tat eine antientzündliche Ernährung die größten Vorteile für ein langes, gesundes Leben und gegen Wechseljahre Symptome bringt. Eine antientzündliche Ernährung ist größtenteils pflanzlich, enthält sehr wenig Getreide- und Milchprodukte, mit gut ausgewähltem Biofleisch, und ein Weglassen von allem Zucker, Alkohol und Kaffee.

7. Ich kann mit 54 Jahren von heute auf morgen in die Wechseljahre. Nachdem die Hitzewellen losging, hab ich gedacht ein paar Monate und dann ist das erledigt. Jetzt bin ich 58 und schlage mich immer noch damit herum. Kommen die tatsächlich so plötzlich oder ist das ein schleichender Prozess?

Damit möchte ich verweisen, was ich im vorherigen oben schon angedeutet habe, das Spiel unserer Hormone wird sehr viel von der Funktion unserer Gene beeinflusst, und unabhängig davon, ob wir im Allgemeinen bessere oder weniger gut funktionierende Gene vererbt bekommen haben, oder ob wir sie in optimaler Funktion erhalten haben oder nicht, können unsere Wechseljahre sehr unterschiedlich ausfallen. Ich hatte ja oben schon ein Beispiel erwähnt, wo ich aufgezeigt habe, dass in gewissen Fällen die Perimenopause gar nicht das große Problem ist, sondern die wirklichen Symptome erst beim endgültigen Abfall der Hormone auftreten. Ich möchte hier aber auch noch einmal die Nordamerikanische Menopause Society und die sogenannten STRAW Kriterien zitieren. STRAW steht für Stages of Reproductive Aging Workshop. Das ist eine ausgewählte Gruppe von Medizinern und Forschern aus den USA, die sich mit dem ausdrücklichen Ziel traf, ein Stufensystem für die Alterung der weiblichen Fortpflanzungsfähigkeit zu entwickeln.

Die STRAW Kriterien zeigen auf, dass die meisten Symptome in der Zeit der Perimenopause und der frühen Postmenopause liegen und dass sind sozusagen die Jahre vor der letzten Periode bis fünf bis acht Jahre nach der letzten Periode. Und danach wird das bei den meisten Frauen normalerweise besser, wenn sich die Hormone auf einem niedrigen Niveau eingependelt haben. Es gibt aber 20 Prozent der Frauen, die auch nach dieser Zeit weiterhin über die typischen Wechseljahresbeschwerden klagen. Und natürlich ist das Urogenitalsyndrom der Wechseljahre ein Problem, das vermehrt in der späten  Menopause auftritt.  

8. Mich würde der Zusammenhang zwischen Wechseljahren und Schlafstörungen interessieren. Wie hilft man sich da selbst ohne Schlaftabletten zu nehmen?

Ich hab das oben ja schon mal in aller Länge ausgeführt, einerseits ist Progesteron das Schlaf- und Entspannungshormon, das langsam immer weniger wird und auf der anderen Seite kann zusätzliches Östrogen dazu führen, dass ein Zuviel an stimulierenden Neurotransmittern nicht schnell genug abgebaut wird. Und eine noch weitere Gruppe sind Frauen, die generell ein niedrigeres Niveau an Neurotransmittern haben und denen das zusätzliche Östrogen geholfen hat zum Beispiel den Serotoninspiegel aufrechtzuerhalten. Und wenn bei denen das Östrogen langsam abfällt, fällt auch der Serotoninspiegel ab und damit auch das Melatonin, was das typische Schlafhormon ist. 

 

Was ich damit vor allem sagen möchte ist, dass die Schlafprobleme der einen Frau nicht unbedingt die gleichen Gründe sind für die Schlafprobleme, die eine andere Frau in den Wechseljahren hat. Deshalb kann L-Tryptophan oder Melatonin der einen Frau helfen, aber nicht der anderen. Und damit sollte auch der Behandlungsansatz anders sein. Die Zusammenhänge können oft sehr komplex sein, genauso komplex wie das Wechselspiel unserer Hormone. Deshalb bin ich der Meinung, dass es sich alle Frauen gönnen sollten, sich spätestens in dieser Lebensphase eine gute Ärztin bzw. einen guten Arzt zu suchen oder eine(n) ganzheitliche(n) Therapeut(i)en, die ihnen helfen kann, ihren Körper zu verstehen und die Funktionen zu verbessern.

 

Ein grundsätzlicher Ansatz, um unsere Neurotransmitter, einschließlich den Serotoninspiegel auszubalancieren, ist, unseren Blutzucker- und Insulinspiegel auszubalancieren. Insulin hat seinen eigenen Effekt auf Östrogene. in Bezug auf Schlafprobleme, würde ich also versuchen allen Zucker und Getreide und sehr süße Früchte erst einmal wegzulassen und mit jedem Essen, gesunde Proteine zu mir zu nehmen. Das kann in der Form von Biofleisch oder Hülsenfrüchten sowie Tofu sein. Das stabilisiert den Blutzuckerspiegel und wirkt sich balancierend auf die Neurotransmitter aus. 

 

In meiner klinischen Praxis gebe ich den Frauen in der Perimenopause, wenn die ersten Hormonschwankungen mit Schlafstörungen auftreten, bioidentisches Progesteron. Das kann von der Ärztin bzw. dem Arzt verschrieben werden. Das hilft, das überschüssige Östrogen auszugleichen, und hilft meistens prima beim Schlafen und bei den ersten Hitzewallungen.

 

Ich habe in meinem Werkzeugkasten für Schlafprobleme aber auch klassische Kräuter: Baldrian, Kamille, Hopfen, Tulsi und eines meiner Lieblingsmittel: die Passionsblume. Die hilft auch gut gegen Angstzustände und Unruhe. Oft findet man auch Kombinationspräparate, die einige von diesen Kräutern kombinieren. Manchmal ist da auch Melatonin dabei. 

 

Es gibt auch beruhigende Aminosäuren, die in diesen Präparaten oft enthalten sind. Diese Aminosäuren sind Vorstufen zu beruhigenden Neurotransmitten wie Serotonin. Beispiele dafür sind L-Tryptophan, GABA, Theanin oder 5-HTP. B Vitamine sind auch wichtige Kofaktoren für die Produktion der Neurotransmitter und Sexualhormone und viele Frauen in den Wechseljahre habe Defizite bei den B Vitaminen. Deshalb empfehle ich eigentlich immer einen Vitamin-B-Komplex einzunehmen.

 

Aber die besten Präparate helfen natürlich nicht, wenn man die natürliche Fähigkeit des Körpers zu schlafen und den zirkadianen  Rhythmus nicht unterstützt: deswegen auf jeden Fall zwei Stunden vor dem Zubettgehen alle Bildschirme ausschalten, eine Stunde vor dem eigentlichen Schlafengehen sich schon mal in die horizontale Lage begeben, vielleicht ein entspannendes Buch lesen. Warme Bäder mit ätherischen Ölen können auch unterstützend eingesetzt werden oder ätherische Öle wie Lavendel oder Kamille aufs Bettzeug getropft.

 

Es hat sich auch gezeigt, dass absolute Dunkelheit im Schlafzimmer extrem wichtig ist, gegebenenfalls eine Schlafmaske benutzen. Und das Schlafzimmer sollte möglichst kühl sein. Wenn man eines der oben genannten Kräuterpräparate versuchen möchte, sollte man das ein bis zwei Stunden vor dem geplanten Schlafbeginn einnehmen und dann nochmal kurz bevor man einschlafen möchte. Ganz wichtig für den zirkadianen Rhythmus ist auch dass man spätestens um 23:00 Uhr ins Bett zu geht. Außerdem sollte man sich morgens früh ans Tageslicht begeben.

9. Ich bin 52 Jahre alt, auch in den Wechseljahren. Schwitzen hält sich in Grenzen, fahre täglich mit dem Rad zur Arbeit. An Gewicht habe ich etwas zugenommen und es hält sich hartnäckig. Viel schlimmer finde ich, dass sie ständig unter Blasenentzündung leide. Cranberry und auch diverse andere pflanzliche Dinge helfen nicht. Ständig muss ich Antibiotika nehmen. Das ist wirklich sehr nervig. Aber bisher habe ich keine Lösung gefunden. Also gibt's denn da was anderes als das, was man bei chronischer Blasenentzündung mit Ende 20 macht?

Das ist in der Tat ein Symptom, das obwohl es nicht in schriftlicher Literatur als frühes Symptom der Wechseljahre beschrieben wird, ich es in der klinischen Praxis oft als frühes Symptoms sehe. Ich nehme an, es betrifft vor allem meistens Frauen, die im Großen und Ganzen schon relativ weniger Östrogene haben, zum Beispiel Frauen die eher schlank sind oder Frauen, die schon vor der Perimenopause länger zum Beispiel die Antibabypille eingenommen haben. Diese senkt die Hormone schon auf ein sehr niedriges Niveau. Das heißt die Schleimhäute der Scheide und das Epithel der Blase reagieren sehr empfindlich auf den langsamen Östrogenentzug. Wenn das Östrogen fehlt, werden die Schleimhäute weniger dehnbar und dünner und das Mikrobiom der Scheide verändert sich, da die dünneren Scheidenzellen weniger Nahrung für die Laktobazillen bereitstellen. Das veränderte Mikrobiom kann nun aber die Bakterien nicht so gut mehr in Schach halten wie die guten Laktobazillen und es kommt häufiger zur aufsteigenden Blaseninfektionen. Wenn die Blase selber weniger dehnbar wird, führt das dazu dass man häufiger Harndrang hat. Wenn der Östrogenentzug in der Vagina weiter fortschreitet, kann es dann oft auch zu Schmerzen beim Sexualverkehr kommen. Die Folgen des Östrogentzugs in der Scheide und im Blasengewebe werden seit einigen Jahren als Urogenitales Menopause-Syndrom bezeichnet. Diese Bezeichnung trägt dem Tatbestand Rechnung, dass der Östrogenentzug nicht nur Probleme in Vulva und Vagina hervorrufen kann, sondern auch im Urogenitaltrakt.

 

Ein sehr effektives Mittel, um dem entgegenzuwirken, ist das vaginal verabreichte Estriol, das ist eine Form von Östrogen. Es kommt in Form von einem Zäpfchen oder Cremes und wird in die Scheide eingeführt. Oft reicht es, dies zwei- bis dreimal pro Woche einzuführen, um die Symptome wie Harndrang, Dranginkontinenz und Scheidentrockenheit zu lösen. Es ist es auch wichtig zu wissen, dass diese Art der Hormongabe nicht das gleiche ist wie die Hormonersatztherapie, wo Hormone gegeben werden mit dem Ziel den Blutspiegel der Hormone anzuheben. Die vaginal verabreichten Hormone werden fast nur lokal absorbiert und können den meisten Frauen ohne Bedenken verschrieben werden, auch den Frauen, die Gesundheitsrisiken haben und bei denen eine systemische Hormonersatztherapie ausgeschlossen ist. Ausnahme wären nur Frauen, die eine Vorerkrankung mit hormonsensitiven  Brustkrebs haben, in dem Fall muss immer der Onkologe zu Rat gezogen werden.

 

Für Frauen, die kein vaginales Östrogen nehmen wollen, gibt es ein ganz fantastisches Nahrungsergänzungsmittel um Blasenentzündungen zu verhindern, es heißt D-Mannose. Man nimmt davon 2 Gramm am Tag und Studien haben gezeigt dass das genauso effektiv ist, wie das übliche Vorgehen der Schulmedizin jeden Tag eine kleine Dosis vom Antibiotikum zu geben zur Verhinderung der wiederkehrende Blasenentzündung. Und natürlich muss immer auf ausreichendes Trinken geachtet werden. Das ist nicht nur wichtig für die Blase, sondern auch für unsere Gehirnzellen.

10. Was macht man gegen Schlafstörungen, Brustschmerzen, Hitzewallungen, Gewichtszunahme, Haarausfall, Stimmungsschwankungen, Wassereinlagerungen nicht zu vergessen. Halte das volle Programm, wie man dem Ganzen ohne Hormone entgegenwirken kann. Wer kann einem genau helfen? Und gibt es vielleicht spezielle Ansprechpartner außer den Frauenarzt?

Susanne Liedtke: Ich würde in jedem Fall das Gespräch mit der Gynäkologin/dem Gynäkologen suchen. Als zweites runter vom Stress und als drittes zeigt eine Umstellung der Ernährung mit Verzicht auf Alkohol, Koffein, Fast Food und mehr Gemüse gute Erfolge. Wir bieten auf der Plattform nobodytoldme.com sogenannte Body Re:set Kurse an. Hier finden Sie, was Teilnehmerinnen darüber berichten. Ganz wichtig: es ist keine Diät, sondern es folgt den Prinzipien einer antientzündlichen Ernährung, die auch in Studien bewiesen hat, dass deren Befolgung beispielsweise Hitzewallungen reduzieren kann. 


Hier antworte ich 🎤 im Podcast von Brigitte Woman MENO AN MICH die Frage, ob man Hitzewallungen wegfuttern kann.

11. Ich bin fast 66 und nehme seit 15 Jahren Hormone. Es war nicht machbar ohne konnte unter anderem kaum 2 Stunden am Stück schlafen et cetera. Jetzt sind ja die Hormone Präparate gegen Wechseljahre Beschwerden ziemlich umstritten. Eine Zeitlang waren sie total verschrien. Jetzt sollen sie doch gar nicht so schlimm sein oder sogar im Gegenteil richtig gut, um z.B. der Osteoporose vorzubeugen. Wie ist denn da der aktuelle Kenntnisstand?

12. Wie riskant sind denn die Hormone, die Frauen in den Wechseljahren kriegen?

Abschließend zu Hormonersatztherapie ist zu sagen, dass sie nicht mehr als Rundumschlag für alle Frauen empfohlen wird. Aber für Frauen, die sich innerhalb der ersten zehn Jahre nach der Menopause befinden und die gesund sind und keine der gängigen Kontraindikationen haben [wie beispielsweise eine Brustkrebs Vorerkrankung, unkontrollierten Bluthochdruck oder Herz Vorerkrankungen] überwiegen die Gesundheitsvorteile der Hormonersatztherapie im Vergleich zu den potenziellen Risiken.

 

Da in den ersten 19 Jahren nach der Menopause die Hormon-Ersatz-Therapie nicht nur Osteoporose verhindert, sondern in der Tat auch Herzerkrankungen vorbeugen kann. Und die zugelassene Hauptindikation für eine Verschreibung  sind Hitzewallungen, obwohl wir wisssen, dass die Hormon-Ersatz-Therapie oft auch auch sehr effektiv bei den perimenopausalen Schlafstörungen, bei Konzentrationsstörungen und bei Gemütsprobemen hilft.

13. Ich stehe kurz vor meinem 60. Geburtstag und frage mich, ob ich durch die Einnahme von Hormonen eine Osteoporose hätte verhindern können.

Alle hier gemachten Angaben dienem der Verbesserung der Kommunikation zwischen dir und deiner Gynäkologin oder deinem Gynäkologen. Sie ersetzen in keinem Fall das Gespräch mit deiner Ärztin oder deinem Arzt.

 

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