Schritt für Schritt zum Body Reset: Tag 1 - Die Bestandsaufnahme
Heute Abend passiert etwas, das man so von mir nicht kennt: ich werde mir drei Wochen lang freiwillig Dinge verkneifen, die ich sonst mit Zähnen und Klauen verteidigen würde.
Schokocroissants zum Beispiel (nicht sofort, aber in inzwischen beängstigend absehbarer Zeit werden die wegfallen). Der Kaffee dazu, den Kaffee bestelle ich dann gleich mit ab. Steaks, wie ich sie mag, außen dunkel und karamellisiert, innen noch fast kalt. Die Sauce béarnaise dazu ebenfalls, wegen Butter und Weißwein, aber ohne Steak… nee.
Dieser für mich so ungewohnte Trip beginnt mit einer Bestandsaufnahme, die ich so gründlich machen kann, wie ich will. Ich kann z.B. mein Gewicht notieren und meine Taille und Hüfte messen, ich kann auch einen Hormonfragebogen ausfüllen, und all das habe ich gerne gemacht, und wäre ich derzeit nicht so verplant und durch und chaotisch, dann hätte ich auch gerne dran gedacht, mir mal Blut abnehmen zu lassen und einige Werte festzuhalten. Stattdessen bin ich vor einigen Tagen noch mal in mich gegangen und habe mich gefragt, warum mache ich das? Wie geht’s mir überhaupt gerade? Hier kommt die Antwort, mein ganz persönlicher und bestimmt nicht erschöpfender Pre-Body-Reset-Scan:
Ich war noch nie in meinem Leben so kraftlos und durch, auch nicht zu der Zeit, als ich einen Einjährigen und ein neugeborenes Schreibaby gleichzeitig zu versorgen hatte. Ich wälze mich jeden Morgen im Tran aus dem Bett und kann kaum glauben, wie schwer mir das fällt und dass ich trotzdem ein paar Minuten später unter der Dusche stehe, und das, obwohl ich eigentlich gut schlafe. Ich kippe so viel Tee und Kaffee in mich rein, wie zeitlich zwischen Brote schmieren, letzte saubere Kinderjeans suchen, Tränen trocknen, Ranzen packen, Last-Minute-Schulformulare-
Mein Rücken zwiebelt fast durchgängig, seit zwei Bandscheibenvorfällen vor ein paar Jahren ist er nie wieder so richtig geworden, da ist irgendwas entzündet. Mehr Yoga wär toll, aber siehe oben.
Ich finde mich irgendwie unansehnlich und ältlich. Ab und zu werfe ich in einer Schaufensterscheibe im Vorbeigehen einen Blick auf mich und sehe eine Frau mit Birnenfigur, die irgendwie schlapp durchs Leben schlurft. Ich könnte ja jetzt sagen, ich würde gerne so jung und spritzig aussehen, wie ich mich fühle, aber ich fühle mich wie 102, das wär also eher nicht die Richtung, in die ich mich verändern will. Aber ich mag mich so nicht und würde mich gerne mehr mögen.
Vor ein paar Monaten hatte ich zum ersten Mal im Leben einen epileptischen Anfall mit allen Schikanen. Seitdem lebe ich auf extrem dünnem Eis und habe fast jeden Tag mindestens einmal das Gefühl, irgendwie von der Oberfläche der Welt zu rutschen. Hülsenfrüchte und Gemüse können eine Menge, aber als Mittel gegen Epilepsie sind sie, fürchte ich, überfordert – doch auch bei diesem Thema wäre mehr Energie zur Verarbeitung und beim aktiven Umgang damit eine schöne Sache.
Mein Zyklus dreht durch, der war schon immer abenteuerlustig – Endometriose, Myome, Zysten, da war schon immer viel los. Gerade bosst er mich ganz schön herum. Ich dachte immer, mit 48 würde er sich einfach langsam zur Ruhe setzen, stattdessen haut er mich mittlerweile mit jeder Periode völlig um – grauenvolle Laune in den Tagen vorher, Splattermovie-artige Sturzbäche an Blut, und an den Kalender hält er sich damit auch nicht.
Ich hab meine Liebe zum Essen immer gegen jeden noch so vorsichtigen Vorschlag von außen verteidigt wie eine leicht überfressene Löwin. Aber wenn ich ehrlich bin, hat das Feuer in letzter Zeit ganz schön nachgelassen. Zwar habe ich einige Meter Kochbücher, viele davon mit Butter und Sojasauce und Kuchenteig beschmuddelt und voller Notizen von früheren Kochorgien, und ich würde keins davon weggeben wollen, aber momentan stehen sie da vor allem so rum und erinnern mich daran, dass ich früher mal richtig glücklich war, wenn im Kühlschrank eine Schüssel mit Hefeteig für echte belgische Waffeln stand oder ein Schweinebauch mit Tahini im Ofen schmorte. Ich hätte diese Freude an den schönen Schweinereien gerne zurück. Und irgendwie habe ich das Gefühl, wie in jeder Beziehung tut eine ordentliche Portion Abstand uns mal ganz gut – auch wenn’s erst mal weh tut.
Sind das gute Gründe für einen Body Reset? Ich glaube schon (und so VIELE, gute Güte – wird mir gerade klar, wenn ich das hier so lese). Und schon in drei Wochen werde ich wissen, ob ich damit Recht hatte.