Blasenschwäche bei Frauen in den Wechseljahren
Blasenschwäche bei Frauen in den Wechseljahren wird leider oft nicht mit dem Rückgang des Östrogens in Verbindung gebracht. Das Gleiche gilt für häufige Harnwegsinfekte… Dabei sollte dies immer mitberücksichtigt werden.
Kaum redet jemand offen darüber – und doch wird Inkontinenz in und nach den Wechseljahren für viele Frauen zum Thema: Schätzungen zufolge leidet fast jede Zweite nach der Menopause an unfreiwilligem Harnabgang. Die Dunkelziffer ist hoch, weil das Problem „Pipi in der Hose“ vielen Betroffenen so peinlich ist, dass sie es nicht einmal beim Arztbesuch ansprechen. Stattdessen versucht man sich mit Inkontinenzeinlagen zu behelfen und hofft, dass niemand etwas merkt. So lange es geht.
Doch leider neigt Harninkontinenz dazu, mit den Jahren immer schlimmer zu werden. Deshalb ist es wichtig, möglichst frühzeitig etwas dagegen zu unternehmen. Zum Glück gibt es für Blasenschwäche in und nach den Wechseljahren heute zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten.
Mediziner:innen unterscheiden zwei Hauptformen von Harninkontinenz. Bei einer Dranginkontinenz meldet sich der Harndrang plötzlich so stark, dass man es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette schafft. Häufiger leiden Frauen in den Wechseljahren jedoch an der sogenannten Stress- oder Belastungsinkontinenz. Dabei kommt es zu ungewolltem Urinverlust bei körperlicher Anstrengung – zum Beispiel beim Lachen, Husten, Hüpfen oder schweren Heben. Meist besteht vorher kein Harndrang. Bei einer sogenannten Mischharninkontinenz treten Symptome beider Formen auf.
Ursachen für Blasenschwäche/Inkontinenz in den Wechseljahren
Hauptgrund für Kontinenzprobleme in den Wechseljahren ist der Rückgang der Östrogenproduktion. Der Hormonmangel schwächt den Beckenboden: Er verliert an Elastizität und Spannkraft. Das beeinträchtigt die Funktion des äußeren Schließmuskels. Übergewicht, chronische Verstopfung, eine schlechte Körperhaltung und häufiges schweres Heben belasten ihn zusätzlich. Auch Schwangerschaften und vaginale Entbindungen können den Beckenboden nachhaltig überfordern.
Wenn die Beckenbodenmuskulatur dem Gewicht der Bauchorgane nicht mehr standhält, können die Blase und die Gebärmutter etwas nach unten sinken. Dadurch krümmt sich die Harnröhre stärker. Das kann die Funktion des Blasenverschlusses zusätzlich beeinträchtigen.
Mit dem sinkenden Östrogenspiegel verringert sich zudem die Durchblutung der Schleimhäute im gesamten Genitaltrakt. Auch in der Harnröhre wird die Schleimhaut dünner, trockener und weniger elastisch. Das erschwert die Abdichtung durch den Schließmuskel.
Dünne, schlecht durchblutete Schleimhäute fördern außerdem das Eindringen von Keimen und das Auftreten von Blasenentzündungen. Das wiederum ist ebenfalls ein Risikofaktor für Harninkontinenz.
Was hilft gegen Inkontinenz in den Wechseljahren?
Das beste Mittel gegen Belastungsinkontinenz ist ein starker Beckenboden. Mit gezieltem Beckenbodentraining kann man einer Blasenschwäche wirksam gegensteuern – je früher, desto besser. Die Kosten für entsprechende Kurse übernimmt in der Regel die Krankenkasse.
Optimieren lässt sich das Muskeltraining durch Biofeedback, Vaginalkonen (sogenannte Liebeskugeln oder kegelförmige Kunststoffgebilde zum Einführen in die Scheide) oder Elektrostimulation. Diese Hilfsmittel gibt es auch für den selbständigen Gebrauch zu Hause. Welche Methoden geeignet sind, hängt allerdings sehr vom individuellen Zustand des Beckenbodens ab. Eine Beckenbodentrainerin oder Gynäkologin kann helfen, das zu beurteilen.
Auch mit einem Pessar kann man in den Griff bekommen. Das ist ein scheiben-, ring- oder würfelförmiges Silikongebilde, das in die Scheide eingeführt wird und dort die Harnröhrenwand stabilisiert. Die individuell am besten geeignete Form und Größe passt der Gynäkologe oder die Gynäkologin an. Man trägt es dauerhaft oder nur zu bestimmten Anlässen, zum Beispiel beim Sport.
Medikamentöse Therapie der Blasenschwäche in den Wechseljahren
Nachweislich wirksam ist bei wechseljahresbedingter Belastungsinkontinenz eine lokale Hormonbehandlung mit Östrogencreme oder -zäpfchen. Sie polstert die ausgedünnte Scheiden- und Harnröhrenschleimhaut auf. Meist enthalten solche Präparate das bioidentische „Schleimhauthormon“ Östriol in einer niedrigen Dosierung, die praktisch keine Nebenwirkungen hat und auch für Frauen nach einer Brustkrebserkrankung als sicher gilt. Eine systemische Hormonersatztherapie – also Hormontabletten oder Präparate zum Auftragen auf die Haut – kann das Risiko für Inkontinenz dagegen erhöhen und bestehende Symptome verschlechtern.
Bei einer schweren Belastungsinkontinenz kann der Arzt ein Medikament verschreiben, das die Muskelspannung des Blasenverschlussmuskels erhöht (Wirkstoff: Duloxetin). Zur Behandlung von Dranginkontinenz gibt es verschiedene rezeptpflichtige Arzneimittel, die übermäßigen Harndrang dämpfen können.
Operative Eingriffe bei Belastungsinkontinenz
Durch die Injektion eines speziellen Gels („Bulking Agent“) im Bereich der Harnröhre und des äußeren Schließmuskels lässt sich die Dichtigkeit des Blasenausgangs verbessern. Die Wirkung hält allerdings meist nur kurz an; Langzeitstudien fehlen bei dieser relativ neuen Methode noch. Auch durch eine Laserbehandlung der vorderen Scheidenwand oder der Harnröhre gingen die Symptome einer Belastungsinkontinenz in Studien zurück. Die Lasertherapie regt die Kollagenneubildung an und verstärkt so das Gewebe. Allerdings ist die Studienlage auch hier noch dünn. Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen die Lasertherapie bei Inkontinenz in der Regel nicht.
Bei einer sogenannten Schlingenoperation legt ein Chirurg oder eine Chirurgin ein spannungsfreies Kunststoffband um die Harnröhre (tension-free vaginal tape, TVT). Dadurch wird diese angehoben und der Blasenverschluss verbessert. Das geschieht minimal-invasiv von der Scheide aus. In Studien lag die langfristige Erfolgsquote bei bis zu 90 Prozent. Anstelle von Kunststoffbändern kommen manchmal auch körpereigene Faszienschlingen zum Einsatz.
Eine ältere, aber noch immer häufig durchgeführte Operationsmethode bei Belastungsinkontinenz ist die Anhebung des Blasenhalses mithilfe von Fixationsnähten (Burch-Kolposuspension). Sie kann über einen Bauchschnitt oder minimal-invasiv durchgeführt werden. Die Erfolgsraten liegen ähnlich hoch wie bei der Schlingenoperation, allerdings steigt das Risiko einer späteren Gebärmuttersenkung.
Clara Wildenrath von wechselleben.de