Oder um es mit den Worten eines Kollegen zu beschreiben - "echt jetzt!?"
Ich erinnere mich noch daran, als wäre es gestern gewesen – im Sommer 2021 erreichte mich die Nachricht meiner sehr begeisterten Kollegin: „Andrea – ich hab unser Thema fürs BGM im nächsten Jahr! Das wirst Du nicht glauben, aber es ist DAS Thema. Wir könnten noch die ersten sein, es ist ungewöhnlich…“
Als sie mir dann eröffnete, dass es um die Wechseljahre gehen würde, war ich, gelinde gesagt… skeptisch.
Nein, eigentlich war ich fast schon völlig abgeschreckt und auch ein wenig schockiert. Ich war damals Anfang 30 und nichts schien mir ferner, als mich mit den Wechseljahren auseinanderzusetzen. Und überhaupt, sollte ich tatsächlich damit zu meinem Chef gehen und ihm erklären, dass wir über die Wechseljahre sprechen müssen? Mutig war und bin ich zwar, aber SO mutig?
Doch sie sollte Recht behalten. Denn schon damals fügte sie hinzu: „Lass uns mal mit Susanne sprechen, danach bist Du überzeugt, das garantiere ich Dir!“
Und ja, genau so kam es. Nach nur 60 Minuten hatten die Wechseljahre auf einmal ein Gesicht für mich. Und nicht nur das, ich hatte auch direkt verstanden, warum wir wirklich nicht dran vorbei kommen (und das auch gar nicht wollen!), wenn wir uns ernsthaft um die Gesundheit all unserer Mitarbeitenden kümmern möchten.
Es galt dann „nur noch“, meinen Chef zu überzeugen – und selbst das war fast ein Selbstgänger! Denn auch er hat sofort begriffen, dass uns die Auseinandersetzung mit den Wechseljahren auch in wirtschaftlicher Hinsicht hilft. Aber: Was nun damit anfangen? Welche Schritte angehen, um sich der Thematik zu nähern?
Uns ging es zunächst darum, Kolleg*innen mit einer Art von „Basiswissen“ über die Wechseljahre zu versorgen. Wir entschieden uns für eine virtuelle Kick-off-Veranstaltung mit Susanne, in der sie über Symptome, (positive) Einflussmöglichkeiten auf diese und auf den Umgang mit Wechseljahren im Arbeitskontext einging. Für das virtuelle Format entschieden wir uns ganz bewusst – in der Hoffnung, dass auch Personen mit Berührungsängsten und/oder Schamgefühlen sich eher in einen Call einwählen als in einen Besprechungsraum zu kommen. Für viele war das, genau wie für mich persönlich, der erste echte Kontakt mit der Thematik – und das Feedback war grandios. Viele Frauen bedankten sich persönlich für die hilfreichen Ernährungstipps, die Aufklärung zu unterschiedlichen Symptomen, die vertrauensvolle Atmosphäre. Und ja – es waren Frauen, die Männer haben wir als Zielgruppe noch nicht so richtig erreicht (aber es muss ja auch noch Ziele geben… 😉 ). Besonders beeindruckt hat mich das persönliche Feedback einer Kollegin, die in leitender Funktion ist und sagte: Ihr schafft es, diesem Thema die Scham voll und ganz zu nehmen. Ich hätte mir so gewünscht, all diese Infos schon als junge Frau gehabt zu haben. Und ich wünsche mir für all meine Kolleginnen, dass die Wechseljahre auch „nur noch“ eine ganz normale Phase im Leben einer Frau sind. In der wir uns nur Gedanken darüber machen, wie es uns möglichst gut geht und wir fit bleiben. Und nicht mehr darüber, was wohl der Kollege neben mir denkt, wenn mir die Schweißperlen auf der Stirn stehen. Oder ich mich an seinen Namen gerade nicht mehr erinnern kann.
Aber zugegebenermaßen: Auch wir waren wirklich skeptisch, wie groß die Offenheit und Akzeptanz ist, sich mit diesem Thema im beruflichen Kontext auseinander zu setzen. Also planten wir mit Susanne eine Reihe von Deep Dives vor – und zwar sowohl eher „harmlose“ wie „Was habe ich davon? Die positiven Aspekte der Wechseljahre“ – aber auch die härteren Nüsse wie „Muss ich da durch? Q&A zu den Wechseljahren mit medizinischer Expertise (in Kooperation mit Gynäkologin Dr. Christina Enzmann)“. Wir fragten dann ganz einfach unsere Kolleg*innen, ob sie generell Interesse an den Deep Dives hätten – und zu welchen Themen sie etwas wissen möchten. Die Resonanz war auch hier wieder großartig: Das Feedback zu allen Themen war durchgehend positiv und somit boten wir alle 6 geplanten Deep Dives an. Übrigens profitierten wir an der Stelle auch von Möglichkeiten der Bezuschussung durch eine Krankenkasse, die im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements Mittel hierfür bereitstellte.
Damit aber noch immer nicht genug: Während wir prüften, ob wir bspw. eine Menopause-Policy „brauchen“ (Eher nein, weil wir als Unternehmen bereits viele der dortigen Punkte umgesetzt haben, ohne sie unter der Überschrift Menopause zu sehen) hatten wir auch noch die Möglichkeit für einen Gastauftritt im NZZ-Format. Eines meiner persönlichen Highlights war, dass wir unseren damaligen Geschäftsführer, Markus Fuchshofen, für ein kurzes Interview mit sehr persönlichen Statements rund um die Wechseljahre gewinnen konnten.
Wo stehen wir jetzt?
Wir haben es geschafft, die Wechseljahre aus der Tabu-Ecke zu holen. Mir persönlich fällt auf, dass es mir sehr viel leichter fällt, über die Thematik zu sprechen und mit Kolleg*innen dazu in den Austausch zu kommen. Übrigens fällts mir auch privat viel leichter, vermeintlich „peinliche“ Dinge anzusprechen! 😉
Und weil wir gemerkt haben, wie viel mehr Qualität im Miteinander es bringt, wenn wir über unterschiedliche Aspekte aufgeklärt sind, haben wir eine ganze e-learning Reihe zu den Wechseljahren produziert! Diese veröffentlichen wir gerade sukzessive und merken auch hier wieder das große Interesse unserer Kolleg*innen. Wer weiß, vielleicht erreichen wir so auch noch mehr Männer! Warum wollen wir das überhaupt? Nun ja – jede*r Mann hat eine Mutter – und die meisten finden in ihrem Umfeld weitere Frauen, die irgendwann dann auch in den Wechseljahren sein werden – Tanten; Cousinen; Schwestern; Kolleginnen; Freundinnen; (…). Da lohnt es sich doch, mehr über diese wichtige Lebensphase zu wissen, oder?
Es braucht aber noch eine ganze Menge mehr – praktische Unterstützungshilfen insb. für männliche Führungskräfte, das „Dranbleiben“ im Alltag, die Aufklärung für junge Kolleg*innen. Am liebsten würde ich meine Tasche packen und gemeinsam mit Susanne zu anderen Firmen wandern, um zu berichten, warum diese Thematik so relevant ist. Und warum es sich schlicht und ergreifend rechnet, wechseljahresbedingten Arbeitsausfällen (und damit meine ich gar nicht nur die klassischen Tage, an denen wir uns arbeitsunfähig melden, sondern die viel subtileren kleinen Leistungseinbußen, zu denen es kommen kann). Auf dass noch mehr Menschen vom Wissen profitieren können. Und deutlich weniger stirnrunzelnd fragen: Die Wechseljahre sind euer Thema – echt jetzt!?