Phasen von schlechter Laune und Antriebslosigkeit kennt fast jede Frau in den Wechseljahren. Denn der Rückgang der Sexualhormone macht nicht nur dem Körper, sondern auch der Psyche zu schaffen. Östrogen wirkt als Stimmungsaufheller, indem es den Abbau der „Glückshormone“ Serotonin und Dopamin bremst. Progesteron lindert Angst- und Stressreaktionen, fördert die Entspannung und erholsamen Schlaf. Das Absinken der Hormonspiegel leistet deshalb Stimmungsschwankungen und depressiven Verstimmungen Vorschub.
Solange das vorübergehende Phasen bleiben, besteht kein Anlass zur Sorge. Wird das seelische Tief jedoch zum Dauerzustand, ohne zwischendurch Raum für glückliche Momente zu lassen, kann es sich um eine ernstzunehmende, behandlungsbedürftige Erkrankung handeln: eine Depression.
Zeichen für eine Depression
Für eine echte Depression spricht es, wenn die niedergeschlagene Stimmung deutlich länger als zwei Wochen anhält, Antriebsmangel und Dauermüdigkeit dazukommen und man an nichts mehr Interesse hat.
Mögliche Symptome einer Depression:
- gedrückte/ depressive Stimmung
- Antriebslosigkeit
- Interessenverlust
- Niedergeschlagenheit
- Konzentrationsschwäche
- Müdigkeit
- Schlafstörungen
- Hoffnungslosigkeit
- innere Leere
- Schwierigkeiten, den Alltag zu bewältigen
- pessimistische Zukunftsvorstellungen
- verminderter oder verstärkter Appetit
- Libidoverlust
- geringe Selbstachtung
- sozialer Rückzug
- Suizidgedanken
Warum sind Depressionen in den Wechseljahren so häufig?
In der Peri- und Postmenopause treffen verschiedene Faktoren zusammen, die Depressionen begünstigen können. Zum einen steigt generell in hormonellen Umstellungsphasen das Risiko für eine Depression. Ein bekanntes Beispiel ist die postpartale Depression nach der Geburt eines Kindes. Körperliche Wechselsymptome wie Hitzewallungen und Schlafstörungen können depressive Symptome fördern. Dazu kommen in der Lebensmitte oft weitere Herausforderungen: Die Kinder werden flügge, die Partnerschaft verändert sich, die Eltern brauchen zunehmend Unterstützung, das eigene Älterwerden macht sich deutlicher bemerkbar.
Eine echte Depression entwickelt sich in der Regel aber nur, wenn weitere belastende Faktoren dazukommen – zum Beispiel eine genetische Veranlagung oder schwierige Kindheitserfahrungen. Studien deuten darauf hin, dass auch die Zusammensetzung der Darmflora eine Rolle spielt. Besonders hoch ist das Risiko einer Depression in den Wechseljahren bei Frauen, die früher schon einmal an Depressionen gelitten haben (zum Beispiel nach einer Geburt).
Diagnose einer Depression
Der erste Ansprechpartner beim Verdacht auf eine Depression ist oft die Hausärztin oder der Hausarzt. Zur weiteren Diagnostik überweist er/sie in der Regel an einen Facharzt oder eine Fachärztin für Psychiatrie, Neurologie oder Psychotherapie. Wichtig ist, dass vor der Diagnose andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen ausgeschlossen werden – zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion oder ein Burnout.
Behandlung der menopausalen Depression
Eine Depression ist eine schwerwiegende Erkrankung, die professionell behandelt werden muss. Je früher, desto besser lässt sie sich heilen und desto geringer ist das Rückfallrisiko. Die Therapie beruht auf zwei Säulen: der Psychotherapie und der medikamentösen Behandlung. Welche Form im Einzelfall besser geeignet ist, hängt vom Schweregrad der Erkrankung, dem bisherigen Verlauf und den persönlichen Lebensumständen ab. Oft werden auch beide Verfahren kombiniert. Gerade zu Beginn der Behandlung kann auch ein stationärer Klinikaufenthalt sinnvoll sein.
Antidepressiva
Antidepressiva beeinflussen die Wirkung verschiedener Botenstoffe im Gehirn – insbesondere von Serotonin und Noradrenalin, deren Stoffwechsel bei Depressionen beeinträchtigt zu sein scheint. Es gibt mehrere Typen von Antidepressiva, die die Konzentration dieser Neurotransmitter auf unterschiedliche Weise erhöhen – zum Beispiel selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), selektive Serotonin-Noradrenalin-Wideraufnahmehemmer (SNRI) oder trizyklische Antidepressiva. Manche wirken eher dämpfend, andere aktivierend. Bis sich die depressive Stimmung merklich aufhellt, können jedoch mehrere Wochen vergehen.
Wer ein Medikament nicht verträgt, kommt oft mit einer anderen Substanzklasse besser zurecht. Häufige Nebenwirkungen sind beispielsweise Mundtrockenheit, Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen. Bei vielen Frauen lassen sie im Verlauf der Behandlung nach. Oft hilft auch eine langsame Dosissteigerung zu Beginn, sie zu reduzieren. Wenn sich die Depression gebessert hat, muss man die Therapie in der Regel noch mehrere Monate fortführen, da sonst ein hohes Rückfallrisiko besteht. Antidepressiva sollte man nicht abrupt absetzen, sondern die Dosis unter ärztlicher Begleitung langsam verringern. Anders als manche Schlaf- oder Beruhigungsmittel machen sie aber nicht süchtig.
Pflanzliche Heilmittel und Lebensstil
Neben den klassischen Antidepressiva hat sich hochdosiertes Johanniskraut bei leichten bis mittelschweren Depressionen in Studien als wirksam erwiesen. Körperliche Bewegung und sportliches Training zeigen ebenfalls nachweislich positive Effekte. Darüber hinaus lieferten Studien Hinweise, dass eine gesunde Ernährung (nach der Mittelmeerküche) zu einer schnelleren Heilung beiträgt (SMILES Studie).
Hormontherapie
Bei Depressionen in den Wechseljahren kann auch eine bioidentische Hormontherapie helfen. Laut der geltenden medizinischen Leitlinie ist die Studienlage dazu zwar nicht eindeutig, ein Behandlungsversuch aber zumindest vertretbar. Möglicherweise wirkt eine frühzeitige bioidentische Hormontherapie darüber hinaus auch prophylaktisch und reduziert das Risiko, dass sich eine Depression entwickelt. Bei Bedarf kann man Hormone und Antidepressiva kombinieren; insbesondere bei schweren Depressionen ist das in der Regel auch notwendig.
Psychotherapie
Als wirksamstes psychotherapeutisches Verfahren bei Depressionen hat sich die kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. Je nach Persönlichkeitsstruktur hilft aber auch eine Psychoanalyse oder eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, bei der psychische Konflikte aufgearbeitet werden. Eine Systemische Therapie bezieht die Familie und den sozialen Kontext mit ein. Bei allen vier Verfahren übernimmt die Krankenkasse die Kosten.
Eine erste Orientierung bietet die sogenannte psychotherapeutische Sprechstunde. Eine ärztliche Überweisung ist dafür nicht notwendig. Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen sichern zu, innerhalb von fünf Wochen einen Termin zu vermitteln. Danach gibt es die Möglichkeit, in zwei bis vier Probesitzungen zu testen, ob die „Chemie“ und die Arbeitsweise der Psychotherapeut:in passen.
Online-Therapie
Leider sind die Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz oft lang. Inzwischen gibt es zahlreiche Apps und Online-Angebote, die helfen sollen, die Zeit bis zum Therapiebeginn zu überbrücken. Die sogenannten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind auf ihren Nutzen und die Datensicherheit geprüft. Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen können sie auf Rezept verschreiben; die Kosten übernimmt dann die Krankenkasse.
Weitere Hilfsangebote
Info-Telefon Depression: 0800-33 44 533 (Mo, Di, Do: 13:00 bis 17:00 Uhr; Mi, Fr: 08:30 bis 12:30 Uhr)
Telefonseelsorge: 0800-111 0 111 oder 0800-111 0 222 (rund um die Uhr)
Clara Wildenrath von WECHSELleben.de