"Wer glaubt, die Kalahari Wüste sei trocken, der war noch nie in meinem Schoß."

NTM Postkarte

Seit ein paar Jahren gibt es einen neuen Begriff in der Gynäkologie: Urogenitalsyndrom der Menopause (GSM). Darunter werden die menopausalen Veränderungen im gesamten Urogenitaltrakt wie vulvo-vaginale Atrophie (VVA), Trockenheit, Brennen, Irritationen und Infektionen der unteren Harnwege gefasst. Der bisher verwendete Begriff der vulvo-vaginalen Atrophie hatte die ganzen „Harnwegsgeschichten“ nicht miterfasst. Jetzt zählen dazu die genitalen, sexuellen und urologischen Beschwerden, die aufgrund des Schwindenden Östrogens bei Frauen auftreten können.

Die Liste liest sich wie das Menü einer Folterkammer für Frauen. Und wenn du Kopfkino vermeiden möchtest, springst du direkt zum nächsten Punkt: Blasenschwäche … oder zum übernächsten: Klara Butt.

  • Scheidentrockenheit: verringerte Feuchtigkeit in Vulva und Vagina
  • Rückgang der Feuchtigkeit während sexueller Aktivität 
  • Schmerzen beim Sex
  • Bluten nach Eindringen in Vulva und Vagina
  • Verlust der Libido
  • Irritation, Brennen und Jucken von Vagina und Vulva
  • Blasenschwäche
  • Schmerzen bei der Blasenentleerung
  • Harndrang
  • damit einhergehend: häufige Infektionen von Vulva, Vagina und Blase

Die gute Nachricht: die meisten mit dem Urogenitalsyndrom in Verbindung stehenden Schmerzen sind gut behandelbar. Ovestin ist zum Beispiel ein Estriol-haltiges Präparat (Salbe, Tablette oder Ovula), welches häufig verschrieben wird. Anders als im Beipackzettel beschrieben, steht es nach heutigem Kenntnisstand auch nicht in Verbindung mit Brustkrebs (Deutsche Apotheker Zeitung). Frauen, die Brustkrebs hatten, bekommen es allerdings nicht verschrieben.

Nun ist es aber so, dass das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte generell vor einer langfristigen (>4 Wochen) Anwendung warnt (Quelle).

Ich frage mich nur, was sie dann für uns in petto haben, denn unser Östrogen kommt ja nicht einfach nach vier Wochen zurück. Frauen wird in punkto Hormone sehr viel Angst gemacht. Die angesehene britische Ärztin Dr. Louise Newson vertritt hierzu eine klare Haltung. Sie empfiehlt Frauen bis ins hohe Alter bei entsprechenden Beschwerden das Anwenden einer Östrogen-haltigen Creme wie auch DHEA-haltige Ovula: Intrarosa. Ersteres gibt Feuchtigkeit und das zweite sorgt für Aufbau des Gewebes. Das alles natürlich nur unter ärztlicher Aufsicht und bei entsprechenden Beschwerden. 

Eine ebenso klare Haltung hat Dr. Sheila de Liz, die darüber in der Barbara/brigitte.de geschrieben hat: Das Schicksal unserer Vagina, wenn wir älter werden. Und wenn du es ganz genau wissen möchtest, kannst du dich auch hier einlesen: Behandlung des menopausalen Urogenitalsyndroms (Quelle: Satellitensymposium der Medinova AG)

 

Dr. Christina Enzmann und ich haben diesem Thema unsere erste Podcast Folge gewidmet. Hör doch mal rein:

„ICH WILL MEINE LUST ZURÜCK“

Mit der Libido ist das natürlich etwas komplexer, aber selbst da gibt es Lösungsansätze aus der Gynäkologie.

Wo die Feuchtigkeit langsam versiegt, da bleibt es dauerhaft trocken und so kann bei uns Frauen leider das, was bisher durch die gute Versorgung mit Östrogen immer schön feucht gehalten wurde, austrocknen. Davon können die Schleimhäute in der „Bikinizone“ betroffen sein, die Blase und leider auch die Klitoris. Wenn alle anderen Ursachen des Libidoverlustes ausgeschlossen werden können, gibt es ein Mittel, was zumindest einmal ausprobierenswert ist: Testosteron. Testosteron steht für Selbstbewusstsein, Muskelaufbau und: Lust (und natürlich auch noch anderes).

Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe schreiben zum Thema Libidoverlust: „Oft verbirgt sich hinter Libidoverlust ein komplexes Geflecht von Beziehungs-, Selbstwert-, gesundheitlichen und soziokulturellen Aspekten. Ein vertrauensvolles Gespräch kann Frauen bzw. Paare entlasten. Eine psycho- bzw. sexualtherapeutische Behandlung kann Lösungsmöglichkeiten eröffnen. Wenn eine Behandlung mit Testosteron in Betracht gezogen wird, ergibt sich das Problem, dass es kein in adäquater Dosis für Frauen zugelassenes Präparat gibt und man daher auf Magistralrezepturen zurückgreifen muss.“ Wenn du dich jetzt fragst, was Magistralrezepturen sind, dann bist du nicht allein, ich wollte es auch wissen: „Magistralrezepturen sind Arzneimittel, die in Apotheken für die Patienten individuell auf ärztliche Verordnung hergestellt werden. Sie haben für das Gesundheitssystem eine essenzielle Bedeutung, weil nicht alle benötigten Medikamente als Fertigarzneimittel verfügbar sind.“ (Quelle

Weiter unten in den Leitlinien heißt es: „Androgene kommen zur Therapie peri- und postmenopausaler Frauen nur in Ausnahmefällen zum Einsatz. Eine transdermale Testosterontherapie kann bei Libido-Störungen nach entsprechender psychosexueller Exploration angewendet werden (s. Kapitel 1 Diagnostik der Peri- und Postmenopause und Effektivität von Interventionen). Testosteronhaltige transdermale Applikationsformen in adäquater Dosierung stehen in Deutschland nicht zur Verfügung. Nach u.a. Beispiel können testosteronhaltige Gels von Apotheken angefertigt werden. Patientinnen müssen vor deren Anwendung über den „off label use“ aufgeklärt werden. Überdosierungen sollen vermieden werden. Dazu sind klinische Symptome wie z.B. Hirsutismus, Stimmveränderungen, unerwünscht starke Libido-Steigerungen u.a. zu beachten. Testosteronbestimmungen sollten durchgeführt werden. Der Spiegel sollte nicht über dem weiblichen Normbereich liegen.“ (Leitlinien, s.o., S.145)

Seit 1999 wird erektile Dysfunktion von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt, sofern die erektile Dysfunktion als Krankheit anerkannt wird (Quelle). Ich frage mich gerade, wie das bei Frauen ist, oder gehört Libidoverlust eher in die Kategorie altersbedingter Lifestyle-Beschwerden, mit der wir leben müssen? Vielleicht ist unsere Gesellschaft da auch schon weiter und ich habe den Teil verpasst. Ich freu mich über jeden Link zu diesem Thema. Ich bin mir sicher, dass eine von uns mehr dazu weiß.   

Die australische Professorin Helen O’Connell hat sich übrigens in ihrem Leben intensiv mit der Klitoris beschäftigt. Sie war die Frau, die die Klitoris in ihrer vollständigen Form überhaupt erst entdeckt hat. Das war im Jahr 1998. Immer noch unglaublich, aber wahr. Den Artikel aus The Sydney Morning Telegraph kannst du hier auch hören

„All right boys, you can draw a dick and balls, but can you draw a clitoris?“

– Helen O’Connell

Vergleich einer jungen und alten Klitoris (symbolisch)

WARUM SICH BLASENSCHWÄCHE SLIPS NICHT VERKAUFEN

Die Gründerin Julia Rittereiser hat als Solo-Gründerin erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut, welches unter der Marke Kora Mikino Perioden Slips produziert und verkauft. Jetzt hat sie das Sortiment um Blasenschwäche Slips erweitert und die verkaufen sich nicht, obwohl Blasenschwäche für über 50% der Frauen ab 30 ein Thema ist. Das hat der Blasenschwäche-Report 2021 von Kora Mikino ergeben. Julia hat den Slip jetzt einfach umbenannt:   

„Absurd ist dabei, die Blasenschwäche Slips sind ähnlich wie unsere Perioden Slips konstruiert und funktionieren perfekt für die starke Periode. Kein Tag verging in den letzten Monaten, an dem wir keine Mail mit der Frage nach extra starken Perioden Slips bekamen. Wir empfahlen dann den Blasenschwäche Slip, aber gekauft wurde er selten. Der Name schreckte einfach ab! Was nun? Unser Lager ist voll, das Produkt hoch qualitativ und funktionsfähig! Unsere Lösung: Wir haben nun das Produkt gecloned, weisen es einmal als Blasenschwäche Slip und einmal als Perioden Slip aus. Seitdem wird er ganz gut gekauft.“ (hier gehts zu ihrem Beitrag auf LinkedIn).

BÜCHER ZU WEIBLICHER SEXUALITÄT

Pflanzen der Lust*

Bio-identische Hormone*

Zeit für Weiblichkeit*

Super Artikel zum Thema Klitoris Forschung 

Vom Himmel auf Erden* von Christoph Ahlers – Hier ist er im Podcast. Lohnt sich.

“Even in this, its moment of glory, the clitoris was treated as it had ever been: downgraded and difficult to find.”

– Melissa Fyfe

VIDEOS

Das Kapitel ist noch lange nicht vollständig. Fortsetzung folgt. Versprochen!