Die Menopause am Arbeitsplatz: Eine dringende Notwendigkeit für Verständnis und Unterstützung
Es gibt da dieses schlimme Klischee von Frauen in den Wechseljahren: übergewichtig, ständig schwitzend, sich mit hennaroten Haaren an die Jugend klammernd, weinend beim Bäcker stehend, weil das Lieblingsbrot ausverkauft ist. „Post-Meno”, sagen dann einige abschätzig und drehen sich mit rollenden Augen weg.
„Post-Meno” bedeutet in diesem Zusammenhang: kann weg, wird nicht mehr gebraucht, ist nur noch peinlich, wie lange willst Du uns mit Deinem Anblick noch quälen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der der junge fitte Körper das Ideal ist. Kämpft jemand nicht mit allen Mitteln gegen seinen Verfall an, gegen seine natürlichen Veränderungen, verweigert er sich offensichtlich dem Perfektionswahn unserer westlichen Kultur, in der das Leben von Anfang an als eine Fahrt zum Gipfel betrachtet wird. Ist der erreicht, kann es nur noch bergab gehen, und der Abstieg beginnt in den Augen der Gesellschaft bei Frauen immer noch mit dem Einstieg in die Menopause. Wenn man das oft genug in Filmen sieht, in Büchern liest, bei Gesprächen hört, dann glaubt man vielleicht selbst irgendwann daran.
Wenn nicht nur Haut und Muskeln ihre Spannkraft verlieren, die Geschmeidigkeit geht, sondern gleichzeitig auch das gesellschaftliche Ansehen, wem erzählen wir dann von unseren Ängsten und Sorgen? Es gibt immer noch keine öffentliche Gesprächskultur zu dem, was unsere Mütter nur vage mit „diese schreckliche Zeit” erwähnten. Weil wir immer noch daran gemessen werden, wie wir auftreten und aussehen und nicht an dem, was wir geleistet haben und noch leisten. Und deshalb machen auch Frauen Witze wie „Warum kriegen Frauen über 50 keine Periode mehr? Weil sie ihr Blut für Krampfadern brauchen.”
Wir selbst flüchten uns in den Witz, weil uns die Sprache für die Menopause fehlt, es gibt kaum Vorbilder in der Generation unserer Mütter, die zu der Zeit als sie in die Menopause kamen, auch in scheinbar aufklärenden Büchern Urteile wie dieses des amerikanischen Psychiaters David Reuben lesen mussten, der 1971 in seinem Bestseller „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten”, schrieb: „Für viele Frauen bedeutet der Wechsel das Ende ihres Nutzens. Sie sehen in ihm den Beginn des Alters, des Anfangs vom Ende. Sie haben wahrscheinlich recht. Ihre Eierstöcke überlebt zu haben, bedeutet vielleicht wirklich, dass sie ihre Nützlichkeit als menschliche Wesen überlebt haben. Die restlichen Jahre sind für sie vielleicht nur ein Auf-der-Stelle-Treten, bis sie ihren Drüsen in die Vergangenheit nachfolgen.” Und In dem Buch Feminine Forever, das 1966 erschien, nannte der Arzt Robert Wilson die Menopause eine Mangelkrankheit: „Die Verwandlung einer angenehmen Frau in eine spitzzüngige Karikatur ihrer selbst ist eins der traurigsten menschlichen Spektakel.”
Mittlerweile sollte die Gesellschaft eine andere Sprache gefunden haben, bzw. überhaupt eine finden, mit der über die Wechseljahre gesprochen wird, denn in Deutschland arbeiten immer mehr Frauen, und vor allem immer mehr der älteren Jahrgänge: Mehr als 83 von 100 Frauen zwischen 45 und 55 Jahren sind heute erwerbstätig, von 100 Frauen zwischen 55 und 60 Jahren arbeiten knapp 78. Damit holen die Frauen fast die Männer ein, und oftmals sind es die späten Berufsjahre, in denen noch mal eine Karriere gemacht wird: Die Kinder sind aus dem Haus, die Unabhängigkeit steigt. Doch diese Altersspanne ist auch genau die Zeit, in der Wechseljahresbeschwerden auftreten.
Die werden häufig aber von Führungskräften oder den Betroffenen meist nicht angesprochen. Hat eine Kollegin eine Hitzewallung, dann schauen alle eher peinlich weg. Bricht sie in Tränen aus, ist sie nicht belastbar, fühlt sie sich müde und antriebslos, gehört sie aussortiert. Dass es auch anders gehen kann, macht z.B. der britische Fernsehsender Channel 4 vor. Er hat eine „Menopause Policy” eingeführt. Frauen in den Wechseljahren dürfen dort auch mal früher nach Hause, wenn es Ihnen gerade nicht gut geht und werden trotzdem bezahlt. Außerdem werden ihnen kühle und ruhige Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Scheinbar hat der Sender erkannt, dass es klüger ist, mit den Wechseljahren zu planen als nur wegzuschauen und so Kosten durch Arbeitsausfälle oder nachlassende Produktivität in Kauf zu nehmen. Mittlerweile gibt es auch Forschungen darüber, wie sehr die Umgebung die Symptome der Wechseljahre beeinflusst. Wird die Menopause als normal, unausweichlich und natürlicher Prozess wahrgenommen und auch diskutiert, können Frauen auch im öffentlichen Raum selbstbewusster damit umgehen.
Wie cool man eine Hitzewallung vor Publikum wegmoderiert, machte die britische Schauspielerin Emma Thompson bei einer Preisverleihung vor. „Es ist heute so eine kalte Nacht, und deshalb bin ich sehr dankbar für meine Menopause”, sagte sie. „Ich fühle mich gerade so richtig wohl.”
Im nächsten Beitrag geht es um eine rosige Zukunft, die Freiheit als Verrückte und die Freuden der Schlaflosigkeit.
Wir gehen in Unternehmen und Institutionen, um für ein besseres Verständnis der Wechseljahre auf allen Ebenen beizutragen. Dafür halten wir Vorträge und geben Workshops. Wir, das sind zwei Gynäkologinnen, eine Urologin, eine Psychologin und eine Oecotrophologin. Bedarf ist da? Dann einfach eine E-Mail an sue@nobodytoldme.com
2 Antworten
Hitzewallungen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Erschöpfung über mehrere Jahre hat bei mir zu einer Belastungs Depressionen geführt und letztendlich zur Kündigung, da ich nicht mehr wie gewünscht/gewohnt funktioniert habe. Unternehmen interessiert das Warum nicht. Mann und Frau haben zu funktionieren und Ihren Job zu erledigen. Punkt.
Das tut mir sehr leid. Es braucht leider noch viel mehr Aufklärung in den Unternehmen und insbesondere in den Führungsetagen.