In der Menopause fühlt man sich an vielen Tagen emotional so, als sei man wieder eine 13jährige, allerdings mit der Erfahrung und dem täglichen herausfordernden Leben einer 45jährigen. Kontraproduktiv für den bemüht vernünftigen Umgang mit der eigenen Gefühlsachterbahn ist es dann allerdings, wenn man tatsächlich zu Hause eine 13jährige sitzen hat, die wie man selbst jeden Tag den Wunsch in sich spürt, nach Kanada auszuwandern, einen Baum zu umarmen, mit einem Idioten ins Bett zu steigen, kitischig-bunte Armbänder oder wahlweise Schuhe zu sammeln. Der Unterschied ist nur: die eine trägt noch eine Zahnspange und knüllt sich bei schlechter Laune unter die Bettdecke, während die andere sich um Kinder, Partner und die Arbeit kümmern muss und gleichzeitig versucht herauszufinden, wann sie endlich etwas Zeit für sich hat, um ins Bad zu rennen und ins Handtuch zu schreien. 

 

Menopause und Pubertät fühlen sich für beide so an, als ob man sein altes Leben abstreift und in ein neues schlüpft, ein optimistisches Zukunftsgefühl stellt sich dabei eher zögerlich ein, zu unbekannt ist für beide, was im Neuen auf sie wartet. Die Begleiterscheinungen bei Müttern und Töchtern: Chaos, Wut, Tränen. Und genau das macht das Zusammenleben einer Menopausen-Mum und eines Pubertiers so schwierig. „Die eine blüht, die andere welkt”, fasste es eine Freundin zusammen. „Und dann ist an beidem auch noch das gleiche Hormon schuld, ich fasse es nicht.” 

 

Die Menopause werde tatsächlich „oft mit den Wandlungsvorgängen der Pubertät verglichen“, sagt die Berliner Medizinpsychologin Beate Schultz-Zehden, die seit vielen Jahren zu diesem Thema forscht. „Beides sind Wechseljahre, die durch hormonelle und psychosoziale Umstellungen mit Krisencharakter gekennzeichnet sind. In der Pubertät lautet die Frage: Soll ich Kind bleiben oder erwachsen werden? In den Wechseljahren heißt die Frage: Soll ich in alten Rollen und Zielvorstellungen verharren oder eine neue Aufgabe übernehmen?“ 

Mütter im Klimakterium sehen wie sich der Körper der Tochter umformt, erinnern sich wie fremd sich die ersten Wölbungen auf der Brust, die wachsenden Haare unter den Achseln und rund um die Scheide anfühlten. Und wie man sich damals im Spiegel ansah und dachte „Wer um Himmels willen ist diese Person?” Die Frage stellt sich rund 30 bis 40 Jahre später wieder beim Blick in den Spiegel, nur oft eher wehmütig.

Und dann spricht einem die jüngere Frau in der Familie auch noch in dieser Zeit das Recht auf ein lustvolles Leben ab. „Mama, stell das Radio ab und hör auf zu tanzen, das ist würdelos.” Plötzlich ist man die Greisin, die vor Peinlichkeiten und einem möglichen Bruch ihrer müden Knochen bewahrt werden muss, auch wenn die Greisin erst 48 ist. Die Tochter legt scheinbar liebevoll den Arm um die Körpermitte ihrer Mutter, „weil es da immer so schön schwabbelt”, bezweifelt, dass man sich für den Nia-Kurs im Fitnesstudio einschreiben kann, „da wärst Du ja die einzige Oma, das könnte nach hinten los gehen”. 

Es ist nicht einfach, genau in der Mitte zu stehen. In den Wechseljahren blickt man in zwei entgegengesetzte Richtungen: man kümmert sich oft gleichzeitig um die jüngere Generation der eigenen Kinder und die ältere Generation der Eltern. Man sieht, woher man kommt und wohin man gehen wird. Als Mensch, als Frau. 

Wie heftig die Gleichzeitigkeit von Anfang und Ende innerhalb ihrer Familie sie umtreibt hat eine Freundin so formuliert: „Meine Tochter bekam ihre erste Periode und ab jetzt jeden Monat die Erinnerung daran, dass ein anderes Leben in ihr wachsen könnte, ich dagegen wusste, in mir wird endgültig nie wieder ein Leben entstehen können. Es war ein seltsames Gefühl von Neid, und das macht mich manchmal auch ungerecht ihren Launen gegenüber. Ich finde sie so undankbar all ihren Chancen gegenüber und beiße mir trotzdem eher auf die Lippen, sie deswegen anzuschreien. Ich erinnere ja auch gleichzeitig, was sie gerade emotional durchmacht.” 

Nach einem Tag im Vollbad der Hormonschwankungen und unter Dauerbeschuss ihres Pubertiers rauchte die Freundin heimlich einen Joint im Garten und wurde von ihrer Tochter erwischt. „Krass”, sagte die nur. „Wenn man wieder so crazy drauf ist in den Wechseljahren, dann kann ich mich ja doch schon mal drauf freuen.”

 

Im nächsten Beitrag geht es um schlechte Witze, warum manche in einem nur noch „ein trauriges menschliches Spektakel” sehen und lernfähige Arbeitgeber.