Leinsamen bei Brustkrebs: Eine kleine Studie mit vielversprechenden Ergebnissen

Kann die tägliche Aufnahme von Leinsamen das Tumorwachstum bei Brustkrebs beeinflussen? Da Leinsamen einen hohen Gehalt an Phytoöstrogenen haben, gibt es ja teilweise auch die Sorge, dies könnte das Wachstum von Brustkrebstumoren fördern. Eine klinische Studie aus dem Jahr 2005 liefert erste ermutigende Hinweise, dass genau das Gegenteil der Fall ist

Was wurde untersucht?

Forscherinnen der University of Toronto untersuchten in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie 32 postmenopausale Frauen mit neu diagnostiziertem Brustkrebs. Die Patientinnen erhielten zwischen Diagnose und Operation täglich entweder einen Muffin mit 25 g gemahlenem Leinsamen (19 Frauen) oder einen Placebo-Muffin ohne Leinsamen (13 Frauen). Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 32 bis 39 Tage.

Die Ergebnisse im Überblick

In der Leinsamen-Gruppe zeigten sich bemerkenswerte Veränderungen:

  • Tumorzellenproliferation (Ki-67): Reduktion um 34,2% (P = 0,001)
  • Zelltod (Apoptose): Zunahme um 30,7% (P = 0,007)
  • c-erbB2 Expression: Reduktion um 71,0% (P = 0,003)
  • Lignan-Ausscheidung im Urin: Anstieg um 1.300% (P < 0,01)

 

In der Placebo-Gruppe wurden diese Veränderungen nicht beobachtet.

Was bedeutet das?

Die Reduktion der c-erbB2 Expression ist besonders interessant: Dieser Marker wird mit aggressiveren Formen von Brustkrebs und erhöhtem Metastasierungspotenzial in Verbindung gebracht. Die Studienautorinnen schlussfolgern: „Leinsamen in der Ernährung können das Tumorwachstum bei Brustkrebspatientinnen verringern.“

Die Menge des verzehrten Leinsamens korrelierte signifikant mit den Veränderungen bei der Apoptose (r = 0,495; P < 0,004) und der c-erbB2 Expression (r = 0,373; P = 0,036).

Wie wirken Leinsamen?

Leinsamen ist die reichste Quelle von Lignan-Vorstufen (100- bis 800-mal höher als in 66 anderen pflanzlichen Lebensmitteln). Diese Lignane haben mehrere Wirkmechanismen:

Hormonelle Effekte:

  • Ähnliche Struktur wie Östradiol und Tamoxifen
  • Hemmung des Enzyms Aromatase (das Östrogen produziert)
  • Beeinflussung des Östrogenmetabolismus

 

Nicht-hormonelle Effekte:

  • Antioxidative Eigenschaften
  • Antiangiogene Wirkung (Hemmung der Blutgefäßneubildung im Tumor)
  • Hoher Gehalt an Alpha-Linolensäure (57% der Fettsäuren)

Wichtige Einschränkungen

Dies war eine kleine, kurzzeitige Studie. Die Autorinnen betonen selbst: „Unsere Studie ist klein und die Ergebnisse müssen an einer größeren Anzahl von Patientinnen über einen längeren Behandlungszeitraum bestätigt werden.“

Die Ergebnisse waren weniger ausgeprägt als bei Tamoxifen (46,4% Reduktion der Ki-67 in einer Vergleichsstudie nach 21 Tagen), aber Leinsamen ist eine gut verträgliche Ernährungsintervention. Nicht als Alternative zu Medikamenten, sondern als täglich zu essendes Nahrungsmittel.

Nebenwirkungen

Die einzigen berichteten Nebenwirkungen waren:

  • Erhöhtes Völlegefühl
  • Erhöhte Darmtätigkeit

 

Beides ist auf den hohen Ballaststoffgehalt zurückzuführen und kann für Frauen mit Verstopfung sogar vorteilhaft sein.

Praktische Hinweise

  • Dosierung in der Studie: 25 g gemahlener Leinsamen täglich – das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt nicht mehr als 20 g Leinsamen täglich zu verzehren.
  • Wichtig: Leinsamen sollte gemahlen verzehrt werden (bessere Bioverfügbarkeit)
  • Lagerung: Kühl lagern
  • Keine Selbstmedikation: Bei einer Krebsdiagnose sollten solche Maßnahmen immer mit der behandelnden Ärztin abgesprochen werden

Fazit und Ausblick

Diese Pilotstudie liefert erste vielversprechende Hinweise, dass Leinsamen biologische Marker bei Brustkrebs günstig beeinflussen kann. Die Autorinnen schreiben: „If the therapeutic index seen in this short-term study can be sustained over a long-term period, flaxseed, which is inexpensive and readily available, may be a potential dietary alternative or adjunct to currently used breast cancer drugs.“

Besonders interessant könnte Leinsamen für die Brustkrebsprävention sein, wo gut verträgliche Interventionen für den Langzeiteinsatz bei gesunden Frauen benötigt werden.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Brustkrebs oder Verdacht darauf solltest du dich immer an deine Ärztin oder deinen Arzt wenden.

Quelle: Thompson LU, Chen JM, Li T, Strasser-Weippl K, Goss PE. Dietary Flaxseed Alters Tumor Biological Markers in Postmenopausal Breast Cancer. Clin Cancer Res 2005;11(10):3828-3835.