Frauengesundheit verstehen: Heilpraktikerin Ina Asmus-Brütt über Frauen als hochsensibles Wesen
Hier folgt der zweite Teil des Gesprächs mit der Heilpraktikerin Ina Asmus-Brütt. Wer jetzt erst dazustößt, findet den ersten Teil hier.
Ina Asmus-Brütt: Wir Frauen sind hoch sensible Wesen und wir wissen meistens wie es uns geht und was uns gut tut und was uns nicht gut tut. Und das zu stärken, das finde ich einfach so wichtig, das ist das A und O, damit wir einfach fröhlich und gesund alt werden können, sonst funktioniert es nicht.
Susanne Liedtke: Stichwort „Werte“, welche Werte nimmst Du woher?
Ina: Also erst mal gucke ich natürlich, was die Patienten mitbringen. Ab und zu bringen sie eben Werte mit, ob Schilddrüsenwerte, die sind mir immer besonders wichtig, die sind immer so ein grundlegender Faktor. Dann gibt es eben auch noch Hormonwerte im Blut, auch die schaue ich mir an. Wenn das aber alles für mich nicht so einen richtigen Sinn ergibt oder ich so denke, so ah, wir sollten noch ein bisschen tiefer gehen, dann nehme ich auch gerne die Speichelhormone, weil da sehe ich wirklich die freien Hormone, die zur Verfügung stehen, die für die Frau dann einfach auch sozusagen das Körpergefühl ausmachen. Und da bin ich manchmal auch schon bei jungen Frauen sehr überrascht, wie niedrig sie mit dem Progesteron und mit dem Östrogen sind.
Susanne: Erkläre nochmal den Unterschied für Dich von den Blutwerten, also Hormone aus Blutwerten zu Hormonmessungen aus dem Speichel.
Ina: Also für mich sind die Hormone im Blut einfach in gebundener Form vorhanden und wenn ich den Speichel habe, sind es wirklich die, die mir in dem Moment zur Verfügung stehen und da gibt es oft schon eine große Diskrepanz, was im Blut noch in Ordnung ist, aber im Speichel sehe ich, die Frau ist einfach in einer Unterversorgung. Und wie ich das jetzt angehe, ob ich jetzt sage, okay, wir müssen hier mehr Mineralstoffhaushalt oder auch homöopathisch vorgehen, das entscheide ich dann individuell.
Susanne: Dann hast Du eben noch das Stichwort „Schilddrüse“ gegeben: ist das bei jeder Frau ein Thema? Frauen sind ja deutlich mehr von Schilddrüsenkrankheiten betroffen. Ich war neulich auf einem Vortrag von Dir zum Thema Schilddrüse, kannst Du dazu uns was erzählen?
Ina: Ja. Die Schilddrüse ist ja die übergeordnete Hormondrüse und wenn dann im weiblichen Bereich, also Östrogen und Progesteron zurückgehen, dann ist oft auch noch eine Störung in der Schilddrüse mit im Spiel oder eine Autoimmunerkrankung, wie zum Beispiel die Hashimoto Thyroiditis, die auch das Hormonsystem durcheinander bringt. Und oft ist es so ein Starter, in diesen Hormonwechselphasen, dass die Schilddrüse einfach den Takt nicht mehr richtig gibt. Und ich lasse mir von allen Patienten die Schilddrüsenwerte zeigen, auch wenn die sagen, mein Arzt hat gesagt, die sind in Ordnung, dann ist meistens nur das TSH, also die übergeordnete Instanz abgefragt und FT3, FT4, was eigentlich wichtig ist, für die Schilddrüse ist überhaupt nicht untersucht,
… geschweige denn, dass mal Antikörper bestimmt worden sind. Und das ist halt so eine Grundvoraussetzung, bevor ich überhaupt ins Hormonsystem gehe, untersuche ich im Blut dann die Schilddrüse.
Susanne: Okay. Und sag’ doch mal… zähl’ mal eben die Werte auf, Du hast gesagt, TSH…
Ina: FT3, FT4 und nochmal den TPO, wenn es in eine Überfunktion geht, also dann in die Autoimmunerkrankung des Morbus Basedow, dann nimmt man auch nochmal die Track-Antikörper, aber die sind meistens erkannt. Es geht eher so um die Patientinnen, die dann doch eine Autoimmunerkrankung in Richtung Hashimoto Thyroiditis haben.
Susanne: Heißt aber auch, dass eine hormonelle Schwankung oder Imbalance bei den Geschlechtshormonen durchaus stark auch beeinträchtigt oder beeinflusst wurde von der Schilddrüse.
Ina: Ja, also es gibt beide Möglichkeiten. Die Nebenniere spielt auch noch mit rein, aber das wäre jetzt zu viel, da auch noch reinzugehen. Aber wenn ich sehr unter Stress stehe, dass ist es eben halt häufig auch so, dass die Nebenniere auch noch eine große Rolle spielt. Das kann man dann auch über einen Hormonspeicheltest, über so ein Cortisol-Tagesprofil einfach mal prüfen. Also es gibt mehrere Möglichkeiten, um einfach mal zu gucken, so wo stehe ich denn und was muss ich meinem Körper Gutes tun.
Susanne: Und kannst Du neben Schilddrüsenwerten und Hormonwerten noch sagen, welche Mikronährstoffe Du Dir noch anschaust?
Ina: Ich gucke mir immer das Vitamin D an, weil es wichtig ist. Dann einmal noch die B-Vitamine, die eben auch ganz häufig im starken Verbrauch sind und nochmal Zink und Selen sind einfach auch nochmal ganz, ganz wichtige Parameter. Manchmal noch Magnesium, aber so… das sind so die Basics, die auf jeden Fall wichtig sind, wenn eine Frau mit Hormonstörungen oder mit körperlichen Befindlichkeiten kommt.
Susanne: Ja. Eine Frage nochmal, wann ist so eine Beziehung zwischen Dir und der Patientin, man sagt so, wann läuft das rund, wann ist das gut?
Ina: Wenn wir miteinander arbeiten, also wenn ich Vorschläge mache und sie mir aber auch sagt, was ihre Wünsche sind, wenn es so ein Miteinander ist, also wenn ich nicht das Gefühl habe, die Patientin möchte sich nur abgeben und ich soll jetzt sozusagen die Tablette geben und dann ist alles gut, sondern wenn wir so einen Konsens finden, wo wir miteinander arbeiten. Das ist das, was mir einfach an meiner Arbeit so einen Spaß macht, dass ich manchmal auch von Patienten Tipps kriege und sie sagen, ach Mensch, da würde ich aber
… vielleicht gerne nochmal hingucken, dann bin ich nicht diejenige, die sagt, ich bin die Therapeutin und ich entscheide, sondern es geht mir wirklich darum, dass wir eine gute Zusammenarbeit haben.
Susanne: Das heißt, man könnte schon sagen, Du stärkst sehr die Eigenverantwortung der Patientinnen.
Ina: Ja, sehr. Mir ist es auch immer wichtig, dass die gucken, auch gerade so, was brauche ich an Therapie, was ist mir wichtig, auch die Dosierung überlasse ich manchmal meinen Patientinnen. Also ich gebe eine Vorgabe, aber ich sage immer, guck’ wie es dir körperlich geht und dann entscheide, wie viel du brauchst. Und das ist für viele Patienten so ein Punkt, wo sie merken, okay, ich tue selber was und ich muss mich nicht abgeben, sondern ich entscheide mit. Diese Mitentscheidung, die ist mir so wichtig.
Susanne: Ja. Also reinhorchen in den Körper und dann aktiv zusammenarbeiten.
Ina: Ja. Weil ich eben halt einfach denke, wir Frauen sind hochsensible Wesen und wir wissen meistens, wie es uns geht und was uns gut tut und was uns nicht gut tut. Und das zu stärken, das finde ich einfach so wichtig, das ist das A und O, damit wir einfach fröhlich und gesund alt werden können, sonst funktioniert das nicht.
Susanne: Wenn Frauen zwischen 40 und 50, 55 zu Dir kommen, dann ist ja… wir haben über Hormone gesprochen, also die Hormone fangen an runterzugehen, aber auch zu fluktuieren. Dann ist ja bei sehr starken Beschwerden auf dem Weg in die Menopause die Hormontherapie angeraten, auch auf Basis der Leitlinien wird das ja dann empfohlen. Was ist Deine Haltung zur Hormonersatztherapie?
Ina: Ich finde Hormonersatztherapie gut, solange es naturidentische Hormone sind. Ich arbeite da auch immer gerne mit Cremes eben halt einfach, dass man es nicht unbedingt oral einnehmen muss, sondern dass man sich an dünnen Hautstellen einfach einschmiert, weil dann einfach nochmal der Blutkreislauf, beziehungsweise der Leberstoffwechsel außen vor ist und es einfach direkt in den Körper geht und ich geringe Dosierungen brauche.
So, manchmal arbeite ich auch in der D4, also homöopathische Dosierung, auch mit naturidentischen Hormonen und das reicht oft den Frauen aus, dass sie nochmal so einen kleinen Schubs kriegen. Da muss es nicht immer gleich eine einprozentige Progesteron oder eine 0,1 prozentige Estradiol Creme sein, sondern es reichen da auch geringe Dosierungen.
Susanne: Das heißt, wenn ich relativ früh in meiner Phase ab 40 zu Dir komme, dann sagst du… schubst Du den Hormonstoffwechsel nochmal an mit homöopathischen Potenzen…
“… WEIL ES IST IMMER GUT IST, LANGE ZU MENSTRUIEREN … DAS IST DIE BESTE MÖGLICHKEIT, WO WIR FRAUEN JEDEN MONAT ENTGIFTEN KÖNNEN.”
Ina: Potenzen oder eben auch mit Pflanzenheilkunde oder homöopathischen Mitteln. Also das reicht oft, manchmal braucht es echt nur noch so einen kleinen Anschwung, weil es ist immer gut ist, lange zu menstruieren, um eben halt einfach die Entgiftung in Gang zu halten. Das ist die beste Möglichkeit, wo wir Frauen jeden Monat entgiften können und von daher ist es auch gut, dieses… ja diese Möglichkeit noch zu nutzen. Wenn wir nachher die Menstruation nicht mehr haben, müssen wir immer gucken, wie halten wir unsere Entgiftung am Laufen, was können wir tun. Und da ist auch manchmal ein Aderlass gut bei vielen Frauen, einfach um nochmal dem Körper die Möglichkeit zu geben, Giftstoffe abzugeben.
Susanne: Zwei Dinge hast Du angesprochen, also einmal Entgiftung, darüber würde ich gerne noch mit Dir reden und Du hast aber davor noch gesagt, es ist wichtig, lange zu menstruieren. Viele Frauen sagen ja, darauf könnte ich verzichten, brauche ich nicht, so ungefähr, aber hier höre ich was anderes raus jetzt.
Ina: Ja, genau. Für mich ist es wirklich so das Hauptentgiftungsmodul sozusagen, was ich habe und es ist so schade, wenn Frauen es einfach für sich unterdrücken. Ich kann es verstehen, dass wenn sie mal in Urlaub fahren, dass sie sagen, sie möchten es nicht haben, aber da kann man auch mit banalen Sachen… einfach mal mit einem Frauenmantel kann man genauso gut den Zyklus weiterziehen, als wenn man jetzt eine Pille nehmen würde. Also es gibt einfache Möglichkeiten einfach den Zyklus zu unterstützen und er gibt uns auch ein gutes Gefühl, wenn wir mit dem Zyklus leben.
Susanne: Zum Stichwort „Entgiftung“ will ich gerne hören, von was entgifte ich mich?
Ina: Also wir haben ja heute viel mit Umweltgiften zu tun, ob es jetzt Schwermetalle sind, ob es jetzt Pestizide sind, ob es jetzt Antibiotika sind, was wir ja tagtäglich in uns aufnehmen und …
… wir haben einfach heute mit größeren Entgiftungsblockaden zu tun … Schwermetalle, die wir im Mund haben zum Beispiel. Und von daher ist es für die Frauen ein großes Geschenk, Krankheiten der Frauen treten meisten auf nach der Menopause, so einfach weil sie dann nicht mehr diese Entgiftungsfunktion haben. Also von daher ist es immer wichtig, dahin zu gucken und wirklich ich beglückwünsche die Frauen immer und das ist auch wirklich so eine Tendenz, dass die Frauen auch wieder zyklisch sein möchten und eben sich auch dem nicht mehr so widersetzen, sondern sagen, nein, sie möchten ihren normalen Zyklus einfach wieder spüren. Also auch ganz viele junge Frauen, die dann mit 14 die Pille genommen haben und dann irgendwie sagen so, ich möchte das wieder lernen und fühlen und spüren.
Susanne: Jetzt hast Du Frauenmantel vorhin angesprochen, der einen Einfluss auf den Zyklus haben kann, kann ich mich auch besonders ernähren und damit meinen Zyklus beeinflussen?
Ina: Ja, ich kann natürlich einfach dann schon gucken, was für Nahrungsmittel nehme ich zu bestimmten Phasen auf. Wenn ich zum Beispiel sage, okay, ich möchte jetzt progesteronhaltige Nahrungsmittel zu mir nehmen, dass ich zum Beispiel sage, okay, ich nehme Yamswurzel zu mir oder Angelikawurzel, was ich in der Suppe mitkochen kann, nach der chinesischen Medizin. Also es gibt viele Möglichkeiten, einfach auch über die Ernährung zu gehen. Zum Beispiel Östrogen über den Granatapfel, dass ich dann viel Granatapfel zu mir nehme oder auch Granatapfelsaft mal trinke. Das sind Möglichkeiten, die sind banal, einfach und gerade wenn ich merke, dass mein Körper aus der Rhythmik gerät, kann ich das gut unterstützen.
Susanne: Also ich werde sofort Granatapfel kaufen. Das heißt, in der ersten Zyklushälfte zum Beispiel Granatapfel, Östrogen fördern…
Ina: Östrogen fördern. In der zweiten Hälfte dann eher mehr Progesteron fördern, so das ist für viele Frauen eben ja, ganz wichtig, da einfach nochmal zu unterstützen. Ja, da kann man einfach das Eine oder Andere tun.
Im dritten und letzten Teil des Interviews mit Ina erfahrt ihr, wie wichtig es ist, sich für die Wechseljahre eine Gesundheitspartnerin – sei es Heilpraktikerin oder Ärztin – zu suchen, die euch gut zuhört und eure Beschwerden Ernst nimmt.
Weitere Teile des Interviews findet ihr auf unserem YouTube Kanal:
- 1. Teil: “Da kommen dann so die Beschwerden wie Schlafstörungen, Herzrasen, vielleicht schon mal Schwitzen, unregelmäßiger Zyklus, Libidoverlust ist ein großes Thema. Dass sie einfach merken, sie fühlen sich nicht mehr wohl in ihrer Haut.“
- 3. Teil: „Das größte Problem bei Frauen ab 45 bis Ende oder Mitte 60 ist, dass die unglaublich schnell in die Schiene der Psychopharmaka geschoben werden.“
Foto: Erol Ahmed auf Unsplash