Erhöhte Reizbarkeit ist ein Symptom der Wechseljahre.

Hier geht es heute um die gereizte Frau. Heißt: in diesem Text stecken heute ein paar negative Vibes. Er ist in ähnlicher Form im somebodytoldme Nr. 36 erschienen. Scroll direkt weiter nach, denn da kommt eine Werbung für eine Rückenrolle, die verspricht, dass du ein neuer Mensch wirst, wenn sie bei dir zuhause erst einmal im Einsatz ist … Ich habe mir diese magic Rolle jetzt endlich gekauft, die meiste Zeit liegt sie rum, aber bei ganz viel Muße wird sie aus der Ecke geholt.

Wenn du anfängst, dich mit den Wechseljahren zu beschäftigen, dann ist da so ein Impuls, die Bücher direkt wieder zuzuschlagen. Warum sich mit etwas beschäftigen, was vielleicht gar nicht eintrifft bei mir? Warum mehr über die mindestens 30 mit der Perimenopause assoziierten Symptome lesen? Warum sich nicht einfach nur auf die positiven Aspekte dieser Lebensphase fokussieren?

Zu Beginn der Gründung tauschte ich mich mit einer Frau darüber aus, was ich vorhatte, und sie entgegnete, dass ich Frauen zum Problemwesen machen würde. Ich solle ihnen lieber raten, dass sie sich in dieser Lebensphase einen Liebhaber nehmen sollten, tanzen gehen sollten oder eine Bewegung gründen sollten, statt sich mit dem Wenigerwerden von allem zu beschäftigen.

Sie hatte da einen Punkt. Und allein der Buchtitel der Gynäkologin Dr. Sheila de Liz – Woman on Fire – Alles über die fabelhaften Wechseljahre* – zeigt ja schon den aktuellen Versuch, dem Ganzen ein positives Image zu geben.

Und das braucht es auch. Gwyneth Paltrow ist hier an vorderster Front:

Die neue Freiheit, wie zum Beispiel Petronella es im NOBODYTOLDME Fragebogen mit den Worten beschrieb „Nun bin ich regellos!“ ist ganz großartig. Und es sind ja nicht nur die Tage die ausbleiben, sondern auch die Klarheit, die wir gewinnen. Und hey, wenn es gut läuft, haben wir noch ca. 50 Jahre vor uns, in denen wir machen können, was wir wollen. Hurra.

Aber das schließt für mich auch ein, darüber zu schreiben, was mit uns gesundheitlich in der Perimenopause passieren kann, und zwar sowohl körperlich als auch seelisch. Die gesteigerte Reizbarkeit ist so etwas, was im Zuge des Rückgangs unserer Hormone auftreten kann. Frauen sind dann nervöser, angespannter und aggressiver.

Im Extrem werden Frauen zur Furie. Und wenn sie sich selbst – sozusagen bei voller hormoneller Sättigung – zuschauen könnten, dann würden die meisten von ihnen nicht glauben, dass sie so drauf sein können. 

Die gute Nachricht: niemand muss so sein. Es geht mir jetzt nicht darum, Wut zu unterdrücken und ein Leben lang schön gefällig daher zukommen. Oder wie mein Grundschullehrer (!) fast täglich zu sagen pflegte: „Schick, pompös, elegant, apart, schmiegsam, biegsam, federleicht und billig – so sollten Frauen sein.“ Unfassbar! 

Es geht mir darum, weder sonst noch in der Lebensmitte – unter quasi erschwerten Bedingungen – zur Furie zu werden. Wütend? Ja! Furie? Nein!

Östrogen ist das Hormon, was uns weiblich und gefällig macht, für die Kurven sorgt und uns strahlend aussehen lässt. Und wenn wir davon weniger haben und wenn dann noch im Verhältnis unser Testosteron stärker in Erscheinung tritt, dann kann es im Extrem dazu führen, dass wir auf einmal sehr schnell gereizt sind.

Und andererseits können auch die andauernden körperlichen Beschwerden wie beispielsweise Schlafmangel, Hitzewallungen oder Gelenkschmerzen dazu führen, dass wir nur noch auf dem letzten Loch pfeifen und einfach nicht mehr wir selbst sind. 

In dem Zusammenhang machte mich ein ehemaliger Kollege aus den USA auf Karen aufmerksam und zwar ausgesprochen: kárən.

WER IST EIGENTLICH DIESE KAREN?

Karen ist zum Synonym der wütenden Frau in den USA geworden. Dort gibt es Memes mit Karens und sogar einen YouTube Kanal, der ausschließlich Handyvideos von Frauen zeigt, die außer sich sind. Der Kanal trägt den wenig schmeichelhaften Titel: Karens in the Wild. Ein Blick lohnt sich und gleichzeitig ist es schwer auszuhalten, was da mit dem Handy gefilmt wurde.

Eine Karen ist in der Regel: 

  • mittleren Alters 
  • weiblich und sehr schnell reizbar
  • respektlos bis hin zu rassistisch
  • streitlustig und wenn sie erst einmal in Rage ist, lässt sie sich auch nicht mehr von ihrem Vorhaben abbringen
  • möchte meistens direkt mit dem Vorgesetzten sprechen

Berühmte „Karens“ sind: 

Permit Patty: rief die Polizei, weil ein 8-jähriges Kind Wasser verkaufte

BBQ-Beckyrief die Polizei, weil eine Familie im Park grillte

Cornerstore Carolinerief die Polizei wegen sexueller Belästigung, weil der Rucksack eines 9 Jahre alten Kindes sie gestreift hatte

Und hier im Video wird gerade eine zukünftige Schwiegermutter während der Trauung ihres Sohnes zur Karen:

Was steckt hinter dem Karen Meme?

Echte Karens, die einfach nur den Vornamen tragen, aber sonst nichts mit einer Karen gemein haben, erklären, was es damit auf sich hat:

 

Was aber niemand im Zusammenhang mit den Karens erklärt, ist, dass es sich in der Regel wahrscheinlich um schwer (peri)menopausale Frauen handelt, die dringend Hilfe bräuchten. Nicht, dass der Hormonmangel und die damit verbundenen Folgen dieses Verhalten in irgendeiner Form rechtfertigen könnte, aber es wird mit einer der Gründe dafür sein, weshalb Karens zu Furien werden.

Diese Frauen sind definitiv nicht mehr sie selbst. Und ich habe den naiven Glauben, dass mehr breitenwirksame Aufklärung über die Wechseljahre, Frauen helfen könnte, dass sie gar nicht erst zur Furie werden. 

Normalerweise sollten so stark gereizte Frauen von ihrer Gynäkologin im Hinblick auf die Reizbarkeit und vermutlich noch anderen mit den Wechseljahren verbundenen Symptomen beraten werden. Da gibt es die Hormon-Ersatz-Therapie, die ersetzt, was fehlt, oder alternativmedizinische Ansätze wie Ashwaghanda, Maca, Safran, Mediatation, kognitive Verhaltens Therapie oder Yoga, um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen. 

Die Tatsache, dass sich überhaupt das Karen Meme entwickelt hat, trägt weiter zum schlechten Image der älter werdenden Frau bei. Und das hilft niemandem.

Hier kommt jetzt die oben angekündigte Werbung: 
Aus Karen wird Sharon. Ich bin mir nicht sicher, ob das DIE Lösung ist, aber hey, einen Versuch ist es wert.  

Solltest du jetzt denken, dass du das unbedingt brauchst, dann schau dir vorher noch mal dieses Yoga Rad aus Kork* an – kann das Gleiche und ist etwas nachhaltiger.

Noch mehr zum Karen Meme findest du hier:

– Stuttgarter Nachrichten: „Wer ist Karen? – Herkunft und Bedeutung des Memes“

– New York Times: „A Brief History of ‘Karen’“

– Guardian:The year of Karen: how a meme changed the way Americans talked about racism“