Die Herausforderungen der Anti-Hormon-Therapie bei Brustkrebs: Eine persönliche Erfahrung

Wie wir in anderen Beiträgen auf dieser Seite bereits erfahren haben, erwischen die Wechseljahre die meisten Frauen mehr oder weniger unvorbereitet. Irgendwann öffnet sich die Wundertüte der Begleiterscheinungen langsam und man begreift, dass die bislang unbekannten Beschwerden wohl von der Hormonumstellung kommen müssen.

“Die unschöne Begleiterscheinung dieser Therapie ist jedoch, dass sie die Wechseljahre gnadenlos und – in meinem Fall – sprichwörtlich über Nacht einleitete.”

Ganz anders sieht es aus, wenn man zu einer von ca. 69.000 jährlich an Brustkrebs neuerkrankten Frauen in Deutschland gehört.

Als hätte es mir nicht gereicht, mit der ersten Mammographie jenseits der 50 einen Volltreffer zu landen, gehört es bei einer sehr verbreiteten Variante von Brustkrebs dazu, diesen mit einer Anti-Hormon-Therapie in Schach zu halten; denn viele Brustkrebs-Tumore lieben Östrogen und Gestagen. Die gute Nachricht ist natürlich, dass man bei diesen Tumorarten neben Operation, Chemo und Bestrahlung mit der Anti-Hormon-Therapie einen weiteren vielversprechenden therapeutischen Ansatzpunkt hat. Die unschöne Begleiterscheinung dieser Therapie ist jedoch, dass sie die Wechseljahre gnadenlos und – in meinem Fall – sprichwörtlich über Nacht einleitete.

An Operation und Bestrahlung schloss sich im Frühsommer 2020 meine tägliche Tablette Tamoxifen an. Mit Anfang 50 dachte ich, so langsam in die Wechseljahre gekommen zu sein, auch wenn ich noch keine nennenswerten Veränderungen, die ich in diesem Zusammenhang erwartet hätte, wahrgenommen hatte. Die Hormonstatus-Bestimmung vor Beginn der Anti-Hormon-Therapie belehrte mich dann auch eines Besseren: meine Wechseljahre schienen noch lange nicht in Sicht. Sehr zur Freude des blinden Passagiers in meiner linken Brust hatte ich meinen Körper stattdessen bis dato mit Östrogen geradezu geflutet. Das musste aufhören, wenn ich die möglicherweise trotz

Operation und Bestrahlung noch vorhandenen Krebszellen nicht weiter mit Östrogen füttern, sondern aushungern wollte.

Getreu dem Motto „Der Krebs ist der Feind, nicht die Tablette dagegen!“ schluckte ich also nach einem ausgiebigen Frühstück die erste Tamoxifen. In der folgenden Nacht noch bin ich fünfmal nass geschwitzt aufgestanden, um mich um-, an- oder auszuziehen, das Fenster auf- oder zuzumachen, die Bettdecke auf- oder zuzuschlagen und mich von einer Seite auf die andere zu wälzen. Ganz schön enervierend! Tagsüber ging es dann im Stundentakt mit Hitzewallungen weiter. Immerhin können sie Dich, wenn Du ohnehin wach bist, nicht auch noch wecken. Am Schreibtisch sitzend habe ich meine Unterarme auf einem Handtuch abgelegt, weil ich sonst fiese Flecken hinterlassen hätte. Ich hatte das Gefühl, es gibt nicht nur Lichtschalter sondern auch Hitzewallung-Schalter, die irgendjemand nach Lust und Laune ohne Vorwarnung und erkennbaren Sinn umlegt.

ein weißer Fächer vor einem weißen Hintergrund

Und dann kam die äußere Hitzewelle des Hochsommers hinzu. Bei über 30 Grad in unserer Dachgeschosswohnung dachte ich, heißer geht’s eigentlich nicht. Tatsächlich ging es zumindest gefühlt dann doch noch heißer. Irgendwann hatte ich aber den Eindruck, dass die Hitzewallungen sowohl in ihrer Häufig- als auch in ihrer Heftigkeit abnehmen oder dass ich mich zumindest an sie gewöhne. So oder so konnte ich das alles wegen der Sommerhitze gar nicht mehr auseinanderhalten. Als der Hochsommer dann im September irgendwann vorbei war, waren auch meine Hitzewallungen vorbei und sind seitdem sehr zu meiner großen Freude nicht mehr wiedergekommen. Andere typische Wechseljahrsbeschwerden, die das Tamoxifen laut Beipackzettel natürlich auch noch auf Lager hat, sind mir bislang glücklicherweise erspart geblieben.

Es scheint ganz so, als seien meine Wechseljahre auf kurze und heftige vier Monate Hitzewallungen im Corona-Sommer zusammengeschnurrt. Ganz genau werde ich das aber erst in einigen Jahren wissen. Momentan gehe ich davon aus, dass ich die Anti-Hormon-Therapie sieben bis zehn Jahre durchhalten muss. Wenn alles so bleibt, wie’s jetzt ist, habe ich gewiss ganz großes Glück gehabt!

Dieser Beitrag erreichte uns von einer unserer Leserinnen. Danke dir, dass du deine Erfahrung mit uns allen geteilt hast. Du bist unsere Heldin des Alltags. Wenn ihr auch eure Erfahrungen mit uns allen teilen möchtet, dann schreibt bitte an hello@nobodytoldme.com.

HILFREICHE LINKS

Allen, die sich weiter zum Thema Brustkrebs informieren möchten, sei die Seite der Deutsche Krebshilfe empfohlen.

Außerdem lesenswert: Das auf der Basis der Empfehlungen von Europäischen Leitlinien konzipierte deutsche Mammographie-Screening-Programm. Es wurde mittlerweile in allen Bundesländern eingeführt. Anders als bei sonstigen Früherkennungsuntersuchungen findet eine organisierte Durchführung statt, bei der die anspruchsberechtigten Frauen, d.h. alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, zu einem bestimmten, ggf. änderbaren, Termin alle zwei Jahre in eine sogenannte Screening-Einheit schriftlich eingeladen werden. Es gibt dazu sogar einen Instagramm Account “Die Mammo Mädels” sind dort unter dem Hashtag #gibachtaufdich unterwegs.

CREDITS

Beide Fotos sind von der wunderbaren Ava Sol, die auf Unsplash ihre Fotos kostenlos zur Verfügung stellt.